Der Pavian ist eine Darstellungsform des Gottes Thot. Wenn die Tiere schrien, glaubten die Ägypter, sie kommunizierten mit den Göttern. So konnte beobachtet werden, dass sich Paviane nach dem Aufstehen und vor dem Schlafengehen versammeln und dabei laute Geräusche von sich geben. Dies wurde als Gestus der Begrüßung bzw. Verabschiedung der auf- oder untergehenden Sonne interpretiert. Daher kann die Darstellung des Pavians mit erhobenen Händen als Begrüßung der aufgehenden Morgensonne verstanden werden. Aufgrund dieses mutmaßlichen Sonnenbezugs finden sich Darstellungen von Pavianen wohl auch häufig in solaren Kontexten, wie z. B. im Unterweltsbuch Amduat, in welchem der Pavian den Sonnengott auf dessen nächtlicher Fahrt durch die Unterwelt in der Barke begleitet. Die Verbindung des Gottes Thot mit dem Pavian ist in der religiösen Vorstellung der Ägypter schon früh verbreitet gewesen. Allerdings scheint es, dass die Darstellungen des Thot als Pavian erst in der Mitte der 18. Dynastie auftreten und in der Regierungszeit Amenophis’ III. ihren Höhepunkt erreichen. Sowohl wegen seines menschenähnlichen Aussehens als auch seines Verhaltens wurde der Pavian neben dem Ibis zu einer der Erscheinungsformen des Gottes Thot, vor allem in dessen Eigenschaft als Schreibergott. Zudem wird der Gott als Herr des Mondes und der Zeitrechnung ebenfalls als Pavian dargestellt. Vor dem Gott steht Amenophis III. in verkleinertem Maßstab, in einem betenden Gestus mit flach auf dem Schurz liegenden Händen. Die Statuengruppe stammt vermutlich aus einem Tempel in Hermupolis Magna, dem heutigen el-Ashmunein, und bringt den gesteigerten Sonnenbezug, der in der Regierungszeit Amenophis’ III. auftrat, zum Ausdruck. So stiftete der König vier monumentale Granitstatuen des Thot in dessen Tempel in Hermupolis Magna. Der König richtete seine Ideologie zunehmend auf den Sonnenkult aus und verkündete, dass er vom Sonnengott erwählt worden und als dessen Ebenbild erschienen sei. Auch die Bedeutung des Gottes Aton nahm stetig zu, und in den letzten Jahren seiner Regierungszeit bezeichnete Amenophis III. sich selbst als „Inkarnaton des Gottes Atum“. Diese gesteigerte Verehrung sollte unter seinem Nachfolger Echnaton ihren Zenit erreichen.
(J. Jancziak)