Fabelwesen. Umpräparierter Rochen. Fürstliche Wunderkammer. 16./17. Jahrhundert.
Da der „König der Gifttiere“ in keiner Wunderkammer fehlen durfte, aber in der Natur nicht
vorkam, musste man ihn fälschen. Der Wiener Basilisk ist ein umpräparierter Rochen.
TÖDLICHER SCHLANGENKÖNIG
Der Glaube an Basilisken hat seinen Ursprung in der Antike. „Basiliskos“, die griechische Bezeichnung für „kleiner König“, bezog sich auf den König der Schlangen. Erst im Mittelalter wurde der Basilisk zum fantastischen Mischwesen aus Hahn, Kröte und Schlange, das angeblich in Kellern, Brunnen und Schächten lauerte und dessen stinkender Atem ebenso als todbringend galt wie sein grauenhafter Anblick. Bis ins 17. Jahrhundert wurde die Existenz der schrecklichsten aller Untiere kaum in Zweifel gezogen; sie wurden in Dissertationen behandelt und durften in keiner fürstlichen Wunderkammer der Renaissance fehlen.
Einige Gelehrte standen den präparierten Fabelwesen aber bereits damals kritisch gegenüber. So warnte der Schweizer Universalgelehrte Conrad Gessner in seinen Historiae animalium 1558 vor künstlich fabrizierten Wundertieren: „Die Apotecker und andere landstreycher gestaltend die leyb der Rochen in mancherley gestalt nach ire gfallen mit abschneyden/krümmen/zersperren/ in Schlangen/Basilischgen und Trackengestalt …“
Der Wiener Basilisk war im Keller des NHM verschollen und wurde erst in den 1990er Jahren wieder entdeckt. Die Fälschung ist sehr geschickt aus einem getrockneten Rochen zurechtgeschnitten: Aus den Nasenlöchern des Rochens wurden die „Augen“, aus den Brustflossen die „Flügel“ und aus den Geschlechtsorganen die „Basiliskenbeine“ gefertigt. Das Ergebnis ähnelt einer berühmten Darstellung in einem Fischbuch aus dem 16. Jahrhundert. Fraßspuren beweisen, dass es sich ursprünglich um ein Stopfpräparat handelte. Erst als ihn diverse Insekten aufzufressen drohten, wurde der Wiener Basilisk in Alkohol konserviert.