Zwei Bilder Adolph Menzels (Nationalgalerie, dieses und A I 961) beziehen sich auf eine Episode aus den mehrtägigen öffentlichen Festlichkeiten um den Einzug des Prinzen Friedrich Wilhelm, des künftigen Neunundneunzig-Tage-Kaisers, und seiner jungen englischen Frau am 8. Februar 1858 in Berlin. Von einem Fenster des Kronprinzenpalais aus hatte Menzel den Festzug beobachtet und in einer kleinen Gouache (Museum Charlottenburg-Wilmersdorf, Berlin) die auf Bäume gekletterten Schaulustigen festgehalten. Im Verlauf der weiteren Veranstaltungen, die eine ganze Woche dauerten, brachte die Berliner Studentenschaft dem Kronprinzenpaar eine Huldigung dar, die unter dem Zeichen von Hoffnungen auf einen politischen Wechsel stand. In der Tat setzten wenige Monate später die Regentschaft des Prinzen Wilhelm und sein ›neuer Kurs‹ ein. National gestimmte Reden – namentlich zur Schleswig-Holstein-Frage, die sechs Jahre darauf den Deutsch-Dänischen Krieg auslösen sollte – folgten dem Umzug mit 900 Fackelträgern vom Brandenburger Tor zum Stadtschloß und dem Löschen der Fackeln auf dem Dönhoffplatz. In den zwei Fackelzug-Bildern schlägt sich auch diese politische Erregung nieder.
Schon ein Holzschnitt zu Kapitel 37 der Kuglerschen Friedrich-Biographie (1840–1842) zeigte einen Fackelzug anläßlich der Rückkunft des Königs aus dem Siebenjährigen Krieg. Dort aber sind die Menschen deutlich erkennbar, während das Gemälde nur eine dunkle Masse zeigt, aus der sich die Silhouetten der berittenen Schutzleute und des auf die Laterne gekletterten Jungen herausheben. Die Schilderung des aufsteigenden, rötlich angeleuchteten, alles einhüllenden Qualms, dessen Quellen und Sichverdichten ganze zwei Drittel der Bildfläche ausfüllt, erzeugt eine neue Variante des Wolkenbildes. Links erschließt die perspektivische Verjüngung einer Hausfassade die Bildtiefe, und sinnreich schwebt genau davor, als einziges präzis und pastos gemaltes, greifbares Motiv, das hell zitronengelbe, kühle Licht einer Straßenlaterne. | Claude Keisch
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