Antinoos wurde am 27. November zwischen 111 und 115 n. Chr. in Bithynion-Claudiopolis in der Provinz Bithynien im Nordwesten Kleinasiens (heutige Türkei) geboren. Sein genaues Geburtsjahr ist nicht bekannt. Auch über Einzelheiten seines Lebens weiß die Forschung wenig. Der römische Kaiser Hadrian (reg. 117–138 n. Chr.) hatte den Jüngling im Jahr 121 oder 123/24 n. Chr. auf einer seiner zahlreichen Reisen im griechischen Osten kennengelernt. Angetan von der Schönheit des Antinoos erkor Hadrian ihn zu seinem Favoriten und ständigen Begleiter.
Während einer Ägyptenreise kam es dann zum tragischen Unfall: Wohl am oder kurz vor dem 30. Oktober 130 n. Chr. fiel der junge Mann in den Nil und ertrank. Die römischen Geschichtsschreiber Cassius Dio (um 200 n. Chr.) und Aurelius Victor (4. Jh. n. Chr.) überliefern, dass Antinoos unter ungeklärten Umständen zu Tode kam: So sei der Bithynier nach dem Zeugnis Hadrians Opfer eines Unfalls geworden, während er sich tatsächlich für den väterlichen Freund geopfert habe, um diesem dadurch ein langes und glückliches Leben zu sichern. Die Historia Augusta (um 400 n. Chr.) überliefert dagegen, Antinoos habe sich durch seinen Freitod der unmäßigen kaiserlichen Begierde entziehen wollen.
Antinoos wurde nach seinem Tod als Gott verehrt und in der Kunst in Angleichung an zahlreiche Gottheiten wie z.B. Dionysos dargestellt. Eine Verschmelzung fand auch mit Osiris statt, wobei diese Ausprägung v. a. für den ägyptischen Antinoos-Kult von Bedeutung war. Typische Züge des Antinoos-Porträts sind die idealisierten und zugleich schweren Gesichtsformen, der kleine Mund mit vollen Lippen, der Schwung der Augenbrauen, der elegische Ausdruck und die schwellenden Körperformen.
In der Berliner Statue erkennt der Betrachter Antinoos in Angleichung an Dionysos oder einen Segen spendenden Dämon (Agathodaimon) – freilich ist der junge Bithynier nur im Kopf dargestellt, der einer Götterstatue aufgesetzt wurde. Diese Zusammenfügung wurde wohl im Atelier von Bartolomeo Cavaceppi vorgenommen, von dem in den 1760er Jahren dann Friedrich II. von Preußen die Statue erwarb.
Im Rahmen einer sehr bewegten Sammlungsgeschichte wurde die Antinoos-Statue 1945 als ›Beutegut‹ ins russische Leningrad verbracht und nach ihrer Rückführung 1958 für Jahrzehnte magaziniert. In einer einjährigen Restaurierung wurden vor einigen Jahren die beträchtlichen Verschmutzungen beseitigt und die statischen Gefährdungen behoben. Der vergöttlichte Jüngling tritt dem Betrachter nunmehr in neuem Glanz gegenüber.
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