Ein wichtiger Vertreter der Neuen Sachlichkeit in Ahrenshoop war Hans Emil Oberländer. Seine Bilder bestechen durch genaue, auf Details fixierte Zeichnung und eine souverän angewandte altmeisterliche Lasurtechnik. Hans Emil Oberländer wurde in Rostock geboren. Nach einer Lehre zum Dekorationsmaler und dem Besuch der Kunstgewerbeschule seiner Heimatstadt, studierte er von 1907 bis 1909 an der Berliner, später an der Breslauer Akademie. Prägend für seine künstlerische Entwicklung war der wiederholte Aufenthalt in Schreiberhau im Riesengebirge, wo er die Künstlervereinigung „St. Lukas“ mitbegründete. Zwischenzeitlich weilte er immer wieder an der Ostseeküste und fand schließlich in Ahrenshoop in einem Kreis gleichgesinnter Malerinnen und Maler eine dauerhafte Anbindung. Seine auf dem Fischland entstandenen Porträt- und Landschaftsgemälde folgen jener traditionsbezogenen Haltung, wie sie für die Kunst der Neuen Sachlichkeit bezeichnend war. Gesellschaftskritisch im Sinne des Verismus sind sie nicht. Von den Nationalsozialisten unbehelligt, konnte sich Oberländer in den 1930er und 40er Jahren seiner künstlerischen Arbeit ohne nennenswerte Einschränkungen widmen, wurde mehrfach ausgezeichnet und war auf Ausstellungen erfolgreich präsent. 1939 − ein Jahr, bevor der Maler wieder ins Riesengebirge zurückkehrte − malte er die Dorfstraße von Ahrenshoop. Als kommunikative Lebensader des bescheidenen Ortes und gleichzeitige Verbindung vom Fischland zum Darß war diese Straße ein beliebtes Motiv. Den Gedanken des Weiter- oder Fortführens unterstrich Oberländer mittels horizontaler Linien, die parallel zur Bildebene verlaufen und über den Rahmen hinausweisen. Durch hoch aufragende, in ihrem Wuchs akkurat gezeichnete Bäume wird die Komposition stabilisiert. Aus einer wohltuend heiteren Stimmung heraus beschreibt Oberländer diesen Wintertag mit verschneiten Vorgärten und weißen Dächern, im Blickfeld das Schulhaus, vor dem sich Kinder eine Schneeballschlacht liefern. In der hellfarbigen Genreszene deutet noch nichts auf den ersten Kriegswinter und den sich anschließenden Weltenbrand hin.