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Etruskisches Totenritual

UnbekanntUm 520 v. Chr.

Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin
Berlin, Deutschland

Die fast quadratische Kalksteinbasis zeigt zwischen Fuß- und Deckenprofil an allen Seiten in Flachreliefs Darstellungen von Bestattungszeremonien.
A: Aufbahrung
Zwischen zwei Säulen tuskanischen Typs, die einen Giebel mit Scheibenakroter und Löwen als Eckakrotere tragen, ist das Totenbett zu sehen, auf dem der oder die Verstorbene ruht. Zwei trauernde Frauen, nach rechts gewandt und die Arme erhoben, stehen hinter dem Bett, befinden sich also innerhalb des Gebäudes. Ein Mann rechts neben der Säule umfasst diese und schlägt sich als Zeichen der Trauer an den Kopf. Als Pendant steht links, ebenfalls außerhalb des Hauses, ein Flötenspieler. Der aufwändige Dachschmuck des Gebäudes ähnelt dem eines Tempels. Da Tempel jedoch nicht der Aufbahrung Verstorbener dienten, muss man davon ausgehen, dass hier eher ein prächtig gestaltetes Privathaus gezeigt wird. B: Pferderennen
Zwei Pferde galoppieren nach links. Auf dem vordersten Pferd sitzt ein Reiter in knielangem Gewand, während unter den Pferden ein ebenso gekleideter Mann liegt, der die Beine fast ornamental verdreht hat. Er war offenbar gestürzt. Hinter den Pferden an der rechten Bildseite stehen zwei reich gekleidete Männer in langen Gewändern, geschmückt mit Halsketten und sorgfältig frisiertem langen Haar, die grüßend die Arme erhoben haben. Möglicher- weise handelt es sich hier um Zuschauer, vielleicht auch um die Organisatoren des Wettreitens.
C: Bankett
Die Mitte der Darstellung nimmt eine Kline mit sorgfältig gedrechselten Beinen ein, auf der zwei junge Männer zum Symposion gelagert sind. Sie sind bekränzt, haben nackte Oberkörper, während Unterkörper und Beine von Gewändern verhüllt sind. Der linke Jüngling hält in der einen Hand eine Trinkschale. Mit der erhobenen Rechten nimmt er von einer links stehenden Frau einen Gegenstand (Tänie?) entgegen. Zwischen beiden steht ein Knabe mit einem Schöpflöffel. Der rechte Gelagerte hält in der einen Hand eine Tänie, in der anderen einen Granatapfel. Er dreht den Kopf zu einer lang gewandeten Person, die neben ihm an der Kline steht. Vor dieser sind dekorativ eine Olla sowie ein großes Weinbecken auf einem Ständer aufgebaut. Im Becken ist noch ein Weinkühler (Psykter) erkennbar.
D: Tanz
Vier Frauen in langem Chiton stehen nach rechts gewandt, wobei die vorletzte Frau den Kopf zurück wendet. Die Arme mit zur Faust geballten Händen und abgestreckten Daumen sind abwechselnd erhoben oder vor die Brust gelegt. Es scheint sich um einen Trauertanz zu handeln. Die scheibenförmigen Ohrringe und die aufwändige Kleidung legen nahe, hier Angehörige des oder der vornehmen Verstorbenen zu sehen und nicht professionelle Klageweiber.
Die Chiusiner Kalksteincippen bestanden aus der Basis und einem Aufsatz in Form eines Pinienzapfens. Die tiefen Aushöhlungen einiger Basen – wie auch dieser – legen den Schluss nahe, dass diese Basen auch als Aschenurne dienen konnten, während andere Cippen massiv gearbeitet sind. Interessant sind die schrägen tiefen Einkerbungen an den Kanten der Basis, die wohl auch zum Zerbrechen dieser Basis führten. Rezente Grabungen erbrachten den Beweis, dass dieserart beschädigte Cippen schon in unversehrten Gräbern anzutreffen sind. Eine rituelle Zerstörung wäre ein- zigartig und würde sich nur auf diese Cippen, jedoch nicht auf andere Aschenurnen beziehen. Die Annahme, dass Spendenflüssigkeiten in die Schnitte geträufelt wurden, ist dagegen unwahrscheinlich, da auch massive Cippen solche Schnitte aufweisen.
Die Darstellungen beziehen sich auf die Begräbniszere- monien. Neben der Aufbahrung (Prothesis) vor der Ausfahrt zum Grab sind hier auch sportliche Wettkämpfe zu Ehren des Verstorbenen zu sehen, ebenso Tänze. Diese Tanzdar- stellungen sind auch von anderen Chiusiner Aschenurnen oder Cippen sowie aus Grabmalereien etruskisch-archa- ischer Gräber bekannt. Sie verleihen der Abschiedszeremonie ein festliches Gepräge. Das Bankett kann eine reale Totenfeier der Hinterbliebenen bedeuten oder aber auch ein rituelles Bankett, an dem der Verstorbene imaginär teilnimmt. Solche Bilder, die den Grenzbereich zwischen Leben und Tod ansprechen, sind charakteristisch für die etruskische Kunst.

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  • Titel: Etruskisches Totenritual
  • Ersteller: Unbekannt
  • Datierung: Um 520 v. Chr.
  • Ort: Aus Chiusi
  • Abmessungen: w55 x h54 cm
  • Typ: Relief
  • Material: Stinkkalk (pietra fetida) mit Resten von Farbfassung
  • Stil: Etruskisch-spätarchaisch
  • Sammlung: Antikensammlung, Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
  • Objekterwerb: Im 19. Jh. aus der Sammlung Mazzetti erworben
  • Inv.-Nr.: Sk 1222
  • ISIL-Nr.: DE-MUS-814319
  • Externer Link: Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin
  • Copyrights: Text: © Verlag Philipp von Zabern / Antikensammlung, Staatliche Museen zu Berlin / Ursula Kästner || Photo: © b p k - || Photo Agency / Antikensammlung, Staatliche Museen zu Berlin / Johannes Laurentius
Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

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