Dora Koch-Stetter ist eine der wenigen bemerkenswerten Künstlerinnen und Künstler der Klassischen Moderne, die seit der Zeit der Weimarer Republik bis zu ihrem Tod auf dem Fischland ansässig waren. Gemeinsam mit ihrem Mann Fritz Koch-Gotha war sie spätestens seit ihrer Ansiedlung in Althagen 1927 fest in das Ahrenshooper Künstleruniversum integriert. Gute Beziehungen bestanden zu Franz Triebsch, mit dem Koch Gotha in Berlin in enger Nachbarschaft lebte und der gewöhnlich noch zur ersten Generation der Künstlerkolonie gezählt wird. Aber auch zu Lieselotte Dross, zu Hermann Abeking, der den Kollegen Fritz Koch-Gotha porträtiert hat, zu Gerhard Marcks – dem Nachbarn in Niehagen – und wahrscheinlich auch zum engen Marcks-Freund Alfred Partikel gab es in den 1920ern und 30ern schon gute Beziehungen. 1911 war sie das erste Mal in Ahrenshoop-Althagen und malte das „Rote Haus“ im Bernhard-Seitz-Weg.
Als Berlinerin befand sich die junge Dora Stetter um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert in der lebendigsten Kunstmetropole Deutschlands. Lovis Corinth, von 1903 bis 1904 ihr Lehrer, war von München nach Berlin gewechselt, um in der 1898 gegründeten Berliner Secession unter Gleichgesinnten zu sein. Dora Stetter, eine Generation jünger, tat frühzeitig den Schritt in die expressionistische Moderne. Der Rumäne Arthur Segal, bei dem sie 1910 studierte, war ein Altersgenosse und Mitglied der Neuen Secession Berlins, die damals gegen die inzwischen arrivierte alte Secession aufbegehrte. Es ist nicht bekannt, dass Dora Stetter in diesen männlich dominierten Künstlervereinigungen ein ihr gemäßes Umfeld gesehen und versucht hätte, dort Fuß zu fassen. Stattdessen war sie über einen langen Zeitraum – wie auch Anna Gerresheim und Elisabeth von Eicken – im Verein der Berliner Künstlerinnen organisiert.
Die Schaffenshöhepunkte Dora Koch-Stetters liegen in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg bis etwa 1915 und noch einmal in den 1920er Jahren. Groß war ihr Interesse am Porträt und ausgeprägt die Fähigkeit, das Typische von Haltungen und Mimik ganz aus Licht und Farbe erstehen zu lassen. Die Dargestellten sind Menschen aus ihrer Umgebung, meistens Frauen und Kinder, eine unprätentiöse Gesellschaft aus Freundinnen, Familienangehörigen, Leuten vom Dorf, stark im Ausdruck, frei von Posen. Do berührt die im Gras sitzende „kleine Lisa“ durch die selbstvergessene Anmut, mit der sie sich dem Duft der Wiese, dem Insektenbrummen und der Sonne hingibt.
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