Max Liebermann verbrachte seit 1910 die Sommer in seinem Landhaus am Berliner Wannsee, wo er in Skizzen, Pastellen und Gemälden das beschauliche Leben seiner Familie festhielt. Seit der Geburt von Maria Riezler, dem einzigen Kind seiner Tochter Katharina, schuf er eine ganze Serie von Bildern, die die Natürlichkeit und in sich versunkene Ernsthaftigkeit seiner Enkeltochter zum Ausdruck bringen. Enkelin des Künstlers, so der Titel des Gemäldes, zeigt Maria Riezler im Alter von sechs Jahren, wie sie damit beschäftigt ist, etwas auf ein Blatt Papier zu schreiben oder zu malen. Den Großvater, der sie dabei beobachtet und zeichnet, scheint sie in einer Atmosphäre großer Vertrautheit nicht zu bemerken. In der von Licht durchdrungenen Komposition setzen der dunkle Tisch, die Schuhe und die dunklen Haare wichtige kompositorische Akzente. Der in zurückhaltender Farbigkeit dargestellte Innenraum erinnert durch den Kontrast zwischen Möblierung im rechten Bildteil und leeren Flächen im linken an die Ästhetik japanischer Kunstwerke. Max Liebermann, dessen Werk von den französischen Realisten, insbesondere von den Malern der Künstlerkolonie Barbizon, beeinflusst war, galt bereits zu Lebzeiten als bedeutender und international angesehener Repräsentant des Deutschen Impressionismus. Nach einer Ausbildung in Weimar und nach Aufenthalten in Paris und den Niederlanden schuf er zunächst naturalistische Werke mit sozialer Thematik. Durch die Beschäftigung mit den französischen Impressionisten fand er seit 1880 zu einer lichten Farbigkeit und einem schwungvollen Farbauftrag, der sein Hauptwerk prägt. Sein Schaffen steht paradigmatisch für den Übergang von der Kunst des 19. Jahrhunderts hin zur Klassischen Moderne. Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten erhielt Liebermann aufgrund seiner jüdischen Herkunft Arbeitsverbot, und seine Kunstwerke wurden aus den deutschen Museen entfernt.