In der Grabkunst sind Darstellungen von Sklaven relativ häufig. Auf den Reliefs begleiten sie die Herrschaft mit dienenden Handlungen, oder, wie seit dem 4. Jahrhundert v. Chr., sie flankieren die Grabmäler. Ihre äußere Erscheinung ist durch formelhaft wiederkehrende ikonographische Details festgelegt. Dazu gehören an unserer Statue der kurze Ärmelchiton und ein kurzer Haarschnitt.
Die hellenistische Kunst geht über die Darstellung dieser simplen Merkmale hinaus und ihr gelingt eine physische wie psychologische Ausdeutung solcher Figuren. So fallen hier die magere Gestalt des Knaben und sein großer Kopf auf. Es ist ein hagerer Schädel mit kurzem Haar und großen Ohren; hervortretende Jochbeine, eine kurze, breite Stupsnase und aufgeworfene Lippen beherrschen besonders das Gesichtsprofil. Es sind zweifellos Merkmale nichtgriechischer Herkunft, die hier betont werden. Für die Darstellung solcher fremder oder exotischer Wesen gibt es schon in der Kunst des 5. Jahrhunderts v. Chr. Beispiele, kaum jedoch von einer zugleich psychologischen Durchdringung. Der Kopf ist etwas vorgeschoben und zur rechten Seite leicht nach oben gedreht. Mit großen Augen blickt der Knabe ängstlich und ergeben zu seiner verstor- benen Herrschaft auf, die man sich, wie den Sklavenknaben, in einem separat gearbeiteten Naiskos, einer tempelartigen Rahmung, vorstellen muss. Der Rangunterschied dürfte zudem durch entsprechende Größenverhältnisse zwischen Diener und Herrschaft markiert gewesen sein. Solche fast freiplastischen Reliefs und freiplastische Gruppen innerhalb entsprechender Familiengräber befinden sich auch in der Berliner Antikensammlung. Dass die Sklavenstatue in eine solche Aufstellung gehört, wird man auch aus der nur grob ausgearbeiteten Rückseite schließen können.
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