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Reise in die Unterwelt

UnbekanntAnfang 4. Jh. v. Chr.

Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin
Berlin, Deutschland

Das bauchige Mischgefäß auf hohem profiliertem Fuß (Stamnos) und mit kleinen Horizontalhenkeln ist eine in Etrurien entwickelte Gefäßform, die auch von den Griechen übernommen wurde. Die Ausgangsform ist die olla, ein bauchiges Henkelgefäß, das schon in Gräbern des 7. Jahrhunderts v. Chr. zu finden ist. Unser Stamnos ist mit einem Zungenmuster sowie einem Kymation um den Rand verziert. Palmetten neben den Henkeln trennen die Bauchzone in zwei Bildstreifen.
Auf einer Seite ist die Reise eines Verstorbenen in die Unterwelt dargestellt. Ein Maultiergespann zieht einen zwei- rädrigen Karren nach rechts. Darauf liegt der Verstorbene in Tücher eingehüllt. Ungewöhnlich ist jedoch, dass er sich auf dem linken Arm aufgestützt hat und den Kopf in Fahrtrichtung wendet. Bart und Stirnfalten weisen ihn als älteren Mann aus, dessen weit geöffnete Augen gespannt oder angstvoll dem Ziel der Fahrt entgegen zu blicken scheinen. Über dem Verstorbenen und den Pferden sind tongrundig ausgesparte ovale Gegenstände zu sehen. Vielleicht sollen es Beinschienen und Schilde sein, deren Binnenzeichnung nicht angegeben oder verloren ist.Waffen wurden in etruskischen Gräbern aufgefunden oder erschienen als Wanddekor der Grabkammern.
Auf der anderen Seite reitet ein Jüngling im Galopp nach links. Er trägt einen Mantel mit Kapuze und wendet sich um. Er bläst die Trompete (salpinx), die er in der rechten Hand hält. Ihm folgt eine Frau mit Tänie und einem Kästchen, das sie mit der erhobenen linken Hand balanciert, während ihre Rechte den Schweif des Rosses berührt. Dem Zug voran schreitet Charun, der etruskische Todesdämon, mit Tierohren, Hakennase und großem Hammer über der Schulter. Auch er wendet seinen Kopf zurück.
Die feierliche Überführung des Verstorbenen zum Grab (ekphora) nach der Aufbahrung im Haus gehört zu den Beisetzungsfeierlichkeiten. Der Verstorbene wird von Familie und Freunden begleitet. Dabei werden persönliche Gegenstände sowie Amtsinsignien mitgeführt und dann als Beigaben ins Grab gelegt.
Hier scheint aber weniger die reale Überführung des Toten zur Nekropole gemeint zu sein, sondern eher die imaginäre Reise ins Totenreich. Die Darstellung des Ver- storbenen, der sich mit seinem Oberkörper aufrichtet, widerspricht einer Ekphora. Ebenso kann die Deutung als pompa funebris ausgeschlossen werden. Bei diesem römischen Maskenzug tragen Schauspieler die Masken von Ahnen – eine Rückbesinnung auf etruskische Be- stattungszeremonien, in denen auch ein Prozessions- teilnehmer in der Maske des Charun auftreten konnte. Aber dazu passen weder der Reiter noch die unterschied- liche Ausrichtung der Bilder.
In der etruskischen Kunst werden im 6. Jahrhundert v. Chr. Begräbniszeremonien heiter und fast ausgelassen gezeigt. Das Bankett, Tänze und Wettspiele zu Ehren des Verstorbenen stehen im Mittelpunkt. Diese Stimmung, die auch die Wandgemälde etruskisch-archaischer Gräber widerspiegeln, ändert sich im Laufe der Zeit. Mythologische Szenen von unverhofftem und mitun- ter qualvollem Tod (Schleifung der Dirke) lösen die heiteren Bilder ab. Auf einer Unterweltsdarstellung – einer tönernen Aschenkiste in Berlin – ist die Verstorbene umgeben von Furien, einem Wolfsdämon, Hades und Charun, der nichts mehr von dem freundlichen Fährmann Charon auf griechi- schen Darstellungen ahnen lässt. Vielmehr verbreitet er mit wildem Haar, schwerem Hammer und einer fratzenhaften Physiognomie Angst und Schrecken. Diese Furcht vor dem Jenseits spiegelt auch die Haltung des Verstorbenen auf diesem Stamnos wider.
Unser Gefäß hat eine fast identische Parallele in einem Stamnos in der Ermitage in St. Petersburg. Allerdings zeigen die Bilder der Petersburger Vase eine einheitliche Bewegungsrichtung nach links und sind qualitätvoller aus- geführt als auf unserem Stamnos. Die einfache, fast nach- lässige Malerei des Berliner Gefäßes erinnert an rotfigurige Amphoren der Owl-Pillar-Group. Als Produktionsort wurde jedoch eine faliskische Werkstatt vermutet.

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  • Titel: Reise in die Unterwelt
  • Ersteller: Unbekannt
  • Datierung: Anfang 4. Jh. v. Chr.
  • Ort: Aus Bomarzo
  • Abmessungen: h28 cm
  • Typ: Amphora
  • Material: Ton
  • Stil: Etruskisch-rotfigurig
  • Sammlung: Antikensammlung, Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
  • Objekterwerb: 1832 erworben
  • Inv.-Nr.: F 2954
  • ISIL-Nr.: DE-MUS-814319
  • Externer Link: Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin
  • Copyrights: Text: © Verlag Philipp von Zabern / Antikensammlung, Staatliche Museen zu Berlin / U Kä. || Photo: © b p k - || Photo Agency / Antikensammlung, Staatliche Museen zu Berlin / Johannes Laurentius
Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

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