In Klimts berühmtem Bild „Judith“, entstanden 1901, verbinden sich Erotik und Grausamkeit zu einer untrennbaren Einheit. Die biblische Heldin Judith enthauptete in einer Liebesnacht den assyrischen Feldherrn Holofernes, um ihr jüdisches Volk vor dem Untergang zu retten. Mit leicht zurückgeworfenem Kopf und lasziv geöffnetem Mund blickt Judith in Klimts Bild dem Betrachter aus halbgeöffneten Augen verführerisch entgegen. Ihre Brüste werden vom dünnen durchsichtigen Seidenstoff eher enthüllt als verhüllt. Der vom Maler gewählte markante Frauentypus mit dem modisch hochgesteckten Haar verrät ein der damaligen Mode um 1900 entsprechendes Schönheitsideal. Klimts raffinierte Malweise, die mit Raffinesse die Person der Judith in ein nebelartiges Sfumato einzutauchen scheint, unterstreicht ihre besondere Wirkung und Ausstrahlung. Erst beim zweiten Hinsehen entdeckt der Betrachter das abgeschlagene Haupt des Holofernes, das den Händen der schönen Frauengestalt zu entgleiten scheint. Klimts Judith verbindet somit auf faszinierende Weise anziehende Erotik und höchste Grausamkeit gleichermaßen. Sie verkörpert den Typus der Femme Fatale, ein Typus, der in der Zeit des Fin de Siècle von zahlreichen weiteren Künstlern kultiviert wurde.
Den leicht exotisch anmutenden Rahmen mit der Aufschrift „Judith und Holofernes“ fertigte übrigens Gustav Klimts Bruder Georg nach Gustavs Entwürfen an.
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