Die offensichtliche Modelltreue dieses männlichen Aktes verursachte 1877 in den Salons in Brüssel und Paris einen Skandal. Es wurde vermutet, Rodin hätte diese von erzählerischen Details befreite Figur mit Hilfe eines Naturabgusses von einem lebenden Modell hergestellt – ein Verdacht, der sich noch lange halten sollte.
Für die erhobene linke Hand der Figur gab es zunächst keine plausible Erklärung; dass sie ursprünglich eine Lanze hielt, dokumentierte erst Jahre später eine Fotografie. Aber auch in Kenntnis dieses ehemals vorhandenen Attributs bleibt die Deutung der Gebärde weiterhin offen. Rainer Maria Rilke, einer der intimsten zeitgenössischen Kenner Rodins beobachtete, dass „diese Gestalt auch noch in einem anderen Sinne bedeutsam ist. Sie bezeichnet im Werk Rodins die Geburt der Gebärde. Jene Gebärde, die wuchs und sich allmählich zu solcher Größe und Gewalt entwickelte, hier entsprang sie wie eine Quelle, welche leise an diesem Leibe niederrann.“ Der athletische, kraftvoll durchmodellierte Körper der Figur und ihr Standmotiv lässt an Vorbilder in der italienischen Renaissancebildhauerei denken, die auf dem leicht in den Nacken gelegten Kopf aufliegende Hand, den leidenden Ausdruck des mit halbgeschlossenen Augen dargestellten Gesichts und die Geste der erhobenen linken Hand wird man dort jedoch vergebens suchen.
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