Lot und seine Töchter

Lot, der Neffe Abrahams, nimmt in der moralisch verkommenen Stadt Sodom zwei Engel in sein Haus auf und beschützt sie vor den Übergriffen gewalttätiger Männer. Zum Dank helfen die Engel Lot und seiner Familie, aus der Stadt zu fliehen, als Gott diese völlig zerstört. Lot geht mit seinen Töchtern in die Berge und findet Unterschlupf in einer Höhle. Der flämische Barockmaler Peter Paul Rubens widmet sich in seinem Gemälde dem Moment in der biblischen Geschichte, in dem die Töchter ihren Vater verführen. Zugleich widmet er sich der Frage nach Rationalität und Moral der dargestellten Handlung: Nach der Auslöschung der Stadt Sodom stehen die drei Überlebenden vor der Entscheidung, unterzugehen oder durch Inzest fortzuleben. Die Töchter entschließen sich zu Letzterem und machen Lot betrunken, damit er die moralischen Schranken überwinden kann. Den Moment der Verführung des Vaters durch seine eigenen Töchter stellt der Künstler in einer bewegenden, theatralisch wirkenden Szene dar. Vor dem Dunkel der Höhle wirkt der bereits halb entblößte Rücken der Tochter wie in helles Licht getaucht. Ihr ausgestreckter Arm lenkt den Blick auf die goldene Weinschale, das Mittel der Verführung, und hinüber zur zweiten Tochter Lots, die ganz im Sinne des Plans die Trinkschale erneut mit Wein füllt. Im Zentrum der Darstellung steht der angetrunkene Vater, der einer seiner Töchter bereits das Kleid abstreift und ihre rechte Schulter entblößt hat. Rubens war Hofmaler im italienischen Mantua. Als gefragter Künstler bildete er in Brüssel und Antwerpen zahlreiche Schüler aus.