Prachtvoll gestaltete Westen waren ein essentieller Bestandteil der modischen Herrengarderobe. Diese ärmel- und kragenlose Weste hat eine kunstvolle Stickerei aus aufsteigenden Ranken mit exotischen Blüten und Fruchtständen in Blau- und Cremetönen, in der reichlich verwendeter silberfarbener Metalllahn zusätzlich Akzente setzt. Ihre geschwungenen Taschenpatten zeigen eine passend abgestimmte Stickerei. Inspiriert wurde diese Stickerei von den Dekoren Delfter Fayencen, die ihrerseits auf asiatische Motive zurückgehen. Die hüftlange Weste in der bis 1750 modischen langen und leicht taillierten Form hat seitlich geschlitzte und keilförmig nach hinten weggeschnittene Vorderschöße. Die in der Mitte offene Rückenpartie besteht aus farblich passendem gelbem Leinen, die Weste insgesamt ist mit naturfarbenem Leinen gefüttert. Ungewöhnlich ist die Anordnung des Musters, das die kräftigsten Blüten im oberen Brustbereich positioniert und nicht, wie eigentlich üblich, im unteren Bereich der Schöße. Auffällig sind auch die nicht dem Musterverlauf der Stickerei angepassten Taschenpatten. Dies lässt an die Zweitverwendung eines Gewebes denken, das ursprünglich eventuell ein besticktes Frauengewand war. Zwei weitere, ebenfalls kräftig gelbe Westen, allerdings mit farbiger Stickerei, befinden sich im Besitz des Musée Galliera in Paris sowie im Gemeent Museum in Den Haag, während das Württembergische Landesmuseum eine cremefarbene Weste mit ähnlich blauem Dekor besitzt. (Kat. Paris 2005, Kat.-Nr. 1 und 2; Grönwoldt 1993, Kat.-Nr. 59)