Der hohe Sockel bildet den eigentlichen Urnenkasten. Er besitzt leicht nach innen geneigte Seitenwände mit einem doppelten Gesims, das jeweils aus einem knapp vorbiegenden Falkenschnabelprofil, einem Rundstab und einer abschließenden Leiste besteht. Das zweite Gesims ist zurückgestuft und hat etwas geringere Abmessungen. Seine Oberseite weist einen vertieften Falz für die Aufnahme des Deckels auf. Dieser Deckel hat die Form eines Hauses mit weit überstehendem Walmdach. Auf allen vier Hauswänden sind in der Mitte ›dorische‹ Türen mit seitlich überstehenden Stürzen dargestellt. Das Relief der Dachflächen ist in Streifen gegliedert, die in abstrakter Form ein Ziegeldach andeuten. Ebenso wie am Urnenkasten das Abschlussprofil verdoppelt wurde, so wiederholt sich am Dachfirst noch einmal in verkleinerter Form das Walmdachmotiv. Die Oberseite bildet dabei eine flache langrechteckige Fläche mit vertieftem Binnenfeld und runden Dübellöchern an den Schmalseiten. Hier befand sich wahrscheinlich ehemals ein kleiner Aufsatz – vielleicht in Form eines schmalen Satteldaches wie bei einer hellenistischen Terrakotta-Urne im Archäologischen Museum von Florenz. Diese Gestalt der Hausurne ist ungewöhnlich und erinnert an ostasiatische Dachkonstruktionen. Es handelt sich jedoch dabei um eine Sonderform des italischen Atriumhauses, die im Architekturhandbuch des Römers Vitruv als atrium displuviatum (de architectura VI, 3) bezeichnet wird. Bei diesem lassen die nach außen gerichteten Dachflächen das Regenwasser nicht in ein Hofbecken sondern nach außen abfließen. Nach dem Vorbild einer solchen Konstruktion wurde auch die Decke der zerstörten Tomba Mercareccia in Tarquinia (um 300 v. Chr.) gestaltet, die durch historische Zeichnungen überliefert ist. Die vier Türen des Hausaufsatzes sind wahrscheinlich nicht auf reale Bauten zurückzuführen, sondern beziehen sich auf die etruskische Einteilung des Weltenkreises in vier verschiedene Regionen. Die Hausurne selbst stammt aus einem Grab des Poggio Gaiella, eines Hügels mit mehreren Gräbern des 5. Jahrhunderts v. Chr. bei der etruskischen Metropole Chiusi.
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