Das Meeresmotiv erscheint in Böcklins Werk seit den 1870er Jahren. Immer ist es belebt mit Wesen der Mythologie – Najaden, Tritonen, Nereiden. Eine »Meeresbrandung« malte er bereits 1877 mit einer stilisierteren, schemenhafteren Frauenerscheinung (heute Kunsthaus, Zürich). Sie zeigt eine überraschende formale Ähnlichkeit mit jener auf einer Radierung von Salomon Gessner: »Die sehnende Melida auf der einsamen Insel bei ihrer Schafherde«. Deutlicher klingt in beiden Bildern das Motiv der Lorelei an, der erst 1801 erdachten und bald so beliebten Gestalt einer gefährlich lockenden Frau auf dem Felsen im Rhein. Romantische Wassergeister, Nixen und Seejungfrauen bevölkern die Literatur und Kunst des 19. Jahrhunderts. Böcklin wollte nach eigener Aussage mit dieser Komposition vor allem das akustische Phänomen der Brandung in Malerei umsetzen.Was die dargestellte Landschaft ahnen läßt, personifiziert die Frauengestalt mit der Harfe. Deren Saiten sind nicht nur sehr lang und stark, sondern auch alle gleich. »Der Ton der Brandung ist eben stets derselbe«, erklärte dies Böcklin 1879 einem Freund (vermutlich dachte Böcklin an eine sogenannte Äolsharfe). Ebenfalls um die Darstellung von Meeresrauschen geht es in dem Bild »Triton, auf einer Muschel blasend« von 1879/80. Nach Format und Komposition, vor allem der nach links gewandten Figur des Triton, könnte es ein Gegenstück zu »Meeresbrandung « sein.