Nachdem er ein reiches, realistisches Frühwerk geschaffen hatte, nahm Ferdinand Hodlers Kunst in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts eine Wendung zum Symbolismus. Diese Gegenbewegung zum Naturalismus und Materialismus entdeckte für sich mystisch-spirituelle Inhalte. Symbole dienten dabei als Ausdrucksmittel und schafften Zusammenhänge, die die höheren Gesetze des Kosmos zur Darstellung bringen sollten. Hodler entwickelte eine eigene Theorie, die er „Parallelismus" nannte. Ihr liegt die Vorstellung zugrunde, dass ein und derselbe ordnende Geist die ganze Welt durchdringe. Den Ausdruck dieses Pantheismus erblickte Hodler in den symmetrischen Strukturen von Bergen, Pflanzen und Lebewesen.
In dem Bild „Der Tag“ versucht Hodler, diesen symmetrischen Aufbau die gesamte Existenz der Dinge– des Mineralischen, des Organischen und des Geistigen – darzustellen. Der beginnende Tag wird symbolisiert durch fünf junge Frauen. Der Künstler hat sie in strenger Zentralsymmetrie auf dem monumentalen Breitformat seiner Leinwand angeordnet. Sie verkörpern die einzelnen Phasen des Tagesanbruchs, von der ersten Dämmerung bis zum vollen Licht. Der zunehmenden Helligkeit entspricht die Bewegung, mit der die Frauen ihre Körper aufrichten und ihre Glieder wie Blätter einer Blüte entfalten. Die Bogenlinie des Horizonts und des lichten Wolkenbands spiegeln den Bewegungslauf. Dieser erreicht in der zentralen Frauenfigur, die das Geistige verkörpert, seinen Höhepunkt.
Das 1910 eröffnete Kunsthaus wurde bis in die Zwischenkriegszeit von der modernen Malerei Hodlers dominiert . Es beherbergt heute eine imposante Sammlung dieses herausragenden Schweizer Künstlers mit einem Wandbild, Historienmalerei, Portraits und zahlreichen der beliebten Berg- und Seelandschaften.
Der hohe Rang seiner Malerei wurde schon zu seinen Lebzeiten international anerkannt.
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