Eine umfangreiche Schrifttafel hilft zwar, den rätselhaften Bildsinn zu entschlüsseln, aber einen brauchbaren Titel enthält sie nicht. "Der Geiz und die Fehlgeburt" – oder auch "Der Geiz oder Die unzeitige Geburt" – ist eine Erfindung der Kunstgeschichte für den winzigen Kupferstich. Es ist eine merkwürdige Szenerie: Eine Kröte sitzt auf der Schulter eines muskulösen nackten Mannes. Er trägt zwei Geldsäcke, vor ihm räkelt sich eine ebenfalls unbekleidete Frau auf dem Boden und blickt auf einen vor ihr liegenden Säugling – eine blasphemische Umdeutung der Geburt Christi? Zuzutrauen wäre es Barthel Beham durchaus, denn berühmt wurde der Nürnberger Maler und Kupferstecher nicht nur mit hochrangigen Werken, sondern zunächst mit dem Skandal um "Die drei gottlosen Maler von Nürnberg": 1525 wird er mit seinem Bruder Sebald und Georg Pencz der Ketzerei angeklagt. Der Stadt verwiesen, lässt er sich in München nieder, wo er Hofmaler am katholischen bayerischen Herzogshof wird.