Theodor Mommsen (1817–1903) und Hermann von Helmholtz (1821–1894) wurden als Träger des Ordens Pour le Mérite, Friedensklasse, 1881 nach einer vom Kaiser genehmigten Bestellung für die Nationalgalerie gemalt. Friedrich Wilhelm IV. hatte damit begonnen, die Ritter der Friedensklasse porträtieren zu lassen, Wilhelm I. nahm diese Sitte wieder auf. Doch ergingen die Aufträge nun, über die Landeskunstkommission vergeben, vorwiegend an Maler geringeren Ranges. Die Plazierung dieser Gemälde auf Ehrenplätzen bedeutete »eine empfindliche Schädigung der National-Galerie«, wie Hans Mackowsky, der 1913 eine Bildnisgalerie in der Bauakademie einrichten und die Nationalgalerie damit entlasten konnte, resümierte (H. Mackowsky, Führer durch die Bildnis-Sammlung der Königlichen Nationalgalerie, Berlin 1913, S. 23 f.). Die Bildnisse von Mommsen (Nationalgalerie, Inv.-Nr. A I 315) und Helmholtz (Nationalgalerie, Inv.-Nr. A I 314) von Ludwig Knaus gehören zu den besten dieser Auftragswerke. Die beiden Forscher sind überzeugend auf der Höhe ihres Ruhmes gezeigt. »Die Gelehrten sitzen im Gesellschaftsanzug in ganzer Figur in ihrem Arbeitszimmer und demonstrieren einer unsichtbaren Menge etwas. Wallende Teppiche sind hinter ihnen aufgespannt, und der große Apparat von Büchern, physikalischen Apparaturen hinter ihnen hat nichts von intimer Milieuschilderung der Biedermeierzeit, sondern ist nur dazu da, die Personen in ihrer Wirksamkeit zu offenbaren, als Herrscher in ihrem Bereich« (R. Hamann, Die deutsche Malerei im 19. Jahrhundert, Leipzig 1914, S. 171).
Theodor Mommsen hatte seit 1861 in Berlin eine Professur für römische Geschichte inne, seit 1874 war er zudem Sekretär der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften und seit 1881 als Mitglied der Liberalen Vereinigung im Reichstag ein scharfer Gegner Bismarcks. Dargestellt ist Mommsen als Geschichtsschreiber in seinem Berliner Arbeitsraum, vor einem Bronzenachguß einer Büste Julius Caesars, deren Original sich seit 1830 im Alten Museum befand (Grünschiefer, 1. Jh. n. Chr., Antikensammlung, Berlin).
Hermann von Helmholtz, 1871 als Professor der Physik und Vorsteher des Physikalischen Instituts an die Berliner Universität berufen, war als Physiker und Physiologe einer der bedeutendsten Vertreter der Naturwissenschaft in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Er ist in dozierender Haltung gegeben, die Funktion des 1850 von ihm erfundenen Augenspiegels erklärend. Weitere optische und akustische Instrumente auf dem Tisch sollen auf seine vielfältigen Arbeiten zu Fragen der physiologischen Optik und Akustik hinweisen.
Beide Bilder waren Teil der deutschen Kunstausstellung auf den Weltausstellungen von Antwerpen 1885 und Chicago 1893. Es waren offizielle Bildnisse, »aus lauter Detail fleißig und sogar gut zusammengesetzt; doch fehlen ganz die großen Formzusammenhänge. Halb sachliche Berichte und halb Begriffszuspitzungen. Es fehlen die lichttragenden Flächen, es fehlt die raumschaffende Tonigkeit: Die Anschauung war dem Maler nur Mittel zur Berichterstattung, nicht Erlebnis an sich«, merkte Scheffler so kritisch wie das Genre verkennend an (K. Scheffler, Die Nationalgalerie zu Berlin, Berlin 1912, S. 142). | Angelika Wesenberg