Die Torwache

Die Torwache von Carel Fabritius ist ein rätselhaftes Gemälde. Ein Soldat mit glänzendem Helm sitzt nach vorne gebeugt auf einer niedrigen Holzbank und scheint zu schlafen. Seine Hände ruhen auf seiner Waffe, Hemd und Jacke sind offen, ein Strumpf ist heruntergerutscht. Die Darstellung eines schlafenden Wachmanns erscheint auf den ersten Blick recht ungewöhnlich, aber vielleicht bezieht sich Fabritius in seinem Gemälde auf den gerade sechs Jahre zurückliegenden Westfälischen Frieden, mit dem der Dreißigjährige Krieg sein Ende fand. Die Wache kann ruhen. Trotz dieser möglichen historischen Erklärung aber bleibt das Gemälde rätselhaft. Wie ist der kleine Hund zu verstehen, der vor dem schlafenden Wachmann sitzt? Ungewöhnlich erscheint auch der Ort dieser Szene, dessen architektonische Elemente sich nicht zu einem stimmigen Raum fügen: die Basis der Säule ist soweit in die Szenerie hineingeschoben, dass das bemooste Kapitel nach den Gesetzen der Perspektive eigentlich unter dem Torbogen stehen müsste. Hinter dem vermutlichen Stadttor verläuft in unmittelbarer Nähe eine halbhohe Mauer, auf der die Beine eines weiteren Soldaten zu sehen sind. Oberhalb des Torbogens ist ein nur halb sichtbares Relief mit einer Darstellung des Heiligen Antonius mit Schwein zu erkennen, und in der rechten oberen Bildecke befindet sich eine Türöffnung, in die zwar eine Treppe hineinführt, von der man sich aber auch nicht erklären kann, welchen Zweck sie erfüllen könnte. Alles in allem erinnert die Darstellung in ihrer additiven Zusammenstellung eher an ein Stillleben als an ein Genrebild Carel Fabritius ist ein bedeutender Vertreter der niederländischen Malerei. Als Schüler Rembrandts gelangte er bereits in jungen Jahren zu großer Meisterschaft. Aufgrund des frühen Todes des Künstlers bei der Explosion eines Pulvermagazins in Delft – sein Atelier lag in unmittelbarer Nachbarschaft – sind von ihm nur wenige Werke erhalten.