Hier ein Auszug aus der Rede von Wolfgang Lettl zur Eröffnung der Retrospektive in der Toskanischen Säulenhalle Augsburg am 17. März 2000
In meinem Bild "Das Plädoyer der Theologen" habe ich vier Männer ähnlich schwarzen Kegeln dargestellt mit bleichen Köpfen, undeutlichen Gesichtern und schwarzen Zylindern drauf. Sie stehen seitlich in einer kerzengeraden, unge- gliederten Straßenschlucht.
Ich suchte noch einen passenden Kontrast dazu und weiß nicht, wie ich auf Michelangelos Gott Vater kam, wie er in der Sixtinischen Kapelle bei der Erschaffung der Himmels- körper dargestellt ist, wie er durchs All nach hinten krault.
Nein, das ist keine Blasphemie, nur kann dieses Gottesbild unseren Vorstellungen nicht mehr entsprechen. Was heißt hier Gottesbild? Wir haben keines. "Ihr sollt euch kein Bild von Gott machen!"
Das ist kein Vorwurf gegen Michelangelo. Mein beschränkter theologischer Laienverstand meint: "Ihr sollt euch kein Bild von Gott machen" ist weniger ein Verbot, als ein guter Rat: "Ihr sollt es nicht versuchen, denn es kann euch nicht gelingen."
"Gott haut ab", sagt das Bild respektlos, in unserer Wohlstandsgesellschaft ist er "Persona non grata". Er ist überflüssig geworden. Es ist uns ja schrecklich peinlich, aber er war immer schon ein Irrtum. Sind wir schon so weit?