Die Darstellung der Aphrodite ist von einer seltenen Sinnlichkeit geprägt. Das Gewand ist bis über die rechte Brust herabgeglitten, enthüllt aber durch die Feinheit des Stoffes in der Bauchpartie mehr als es bedeckt. Das Haar ist am Hinterkopf zusammengefasst und von einem Diadem gekrönt, dazu trägt Aphrodite schwere Ohrringe. Die Haltung der Göttin ist wegen der verlorenen Attribute schwer zu interpretieren. Die Wendung des Kopfes weg von dem Gegenstand in ihren Händen lässt an eine ergänzende Person in Gestalt eines kleinen Eros denken. Das hochgestellte linke Bein fordert eine Basis oder eine umfangreichere Konstruktion wie z. B. einen Pfeiler. Die Vorderseite wurde aus Matrizen gezogen und nachgearbeitet, die Rückseite ist dagegen etwas vernachlässigt. Die Hautfalten am Hals sind scharfkantig nachgezogen, die Pupillen durch kleine Vertiefungen angegeben. Auf der Rückseite zeugt in Hüfthöhe ein großes, ovales Brennloch von der Herstellungs- und Brenntechnik. Die Statuette stammt vermutlich aus Myrina in Kleinasien, einem Ort, der ähnlich wie Tanagra für seine Terrakotten berühmt war. Allerdings lag seine Blütezeit etwas später, so dass wir von dort Beispiele der Koroplastik des hohen Hellenismus im zweiten vorchristlichen Jahrhundert kennen.