»In diesem Jahr habe ich die meiste Zeit auf die Ausschmückung eines Wohnraums in Steglitz verwendet. Alles, Wände, Decke, Thüren, alles ist bemalt worden. [...] Wie sehr wünschte ich, Sie könnten einmal die Sache sehen, denn dieses, die große Dekoration, ist wohl mein eigentliches Feld«, schrieb Klinger im Dezember 1884 an Georg Brandes (Briefe von Max Klinger, Leipzig 1924, S. 63). Der österreichische Jurist Julius Albers hatte bei Klinger zunächst vier Wandbilder für das Vestibül seiner neuerbauten Villa in Berlin-Steglitz in Auftrag gegeben, dann ihm den ganzen Raum zur freien Gestaltung überlassen. Klinger stattete den Raum mit vier hochformatigen Landschaften zwischen den Pilastern und einem Kaminbild aus, darüber lief ein mehrteiliger Meeresfries in Querformaten; auch Sockel und Türen waren bemalt. Zu dem ungewohnt farbigen Gesamtkunstwerk gehörten ferner einige Büsten.
Klinger bedankte sich für die »Gelegenheit, einen Raum durchaus und völlig nach meinem Empfinden ausschmücken zu können. [...] Welchen Werth diese realisierte Möglichkeit für mich hat, werden Sie, der mich so oft zum Malen angereizt hat, selbst zu würdigen wissen«, schrieb er an Albers (ebd., S. 61). Der Auftraggeber bot Klinger auch die Möglichkeit, das fertige Vestibül Kunstinteressierten vorzuführen, und der Künstler machte reichlich Gebrauch davon: Max Jordan und Lionel von Donop von der Nationalgalerie, Alfred Lichtwark vom Kunstgewerbemuseum, Berlin, und später Direktor der Hamburger Kunsthalle, Woldemar von Seidlitz von den Dresdner Museen, auch Jules Laforgue und Ernst von Wildenbruch waren in Steglitz.
Die Propagierung kam dem Erhalt der Arbeiten zugute, denn bald stellte sich heraus, daß das Haus von Schwamm befallen war. Nach Zwischenstationen gelangten zwei Hochformate und fünf Querformate in die Hamburger Kunsthalle und ebensoviele in die Nationalgalerie. Dort sind nach Kriegsverlusten nur noch zwei der Meeresfriese vorhanden: »Venus im Muschelwagen« und »Tritonen und Najaden«. | Angelika Wesenberg
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