Hans Leinberger, einer der einfallsreichsten Künstler des Spätmittelalters, schuf seine beeindruckenden, von großer Leidenschaft erfüllten Werke zu einer Zeit, als die Verehrung religiöser Bilder zunehmend als Götzendienst kritisiert wurde. Diese Gruppe der Muttergottes mit Kind ist einer von zwei erhaltenen Versuchen des Künstlers im Medium des Bronzegusses. Der unvollendete, mitunter grobe Charakter des Werkes legt nahe, dass er hier mit einem ihm unvertrauten Medium experimentierte. Tatsächlich beschloss er, die Skulptur nicht zu vollenden, indem er sie ziselierte und polierte. Vermutlich hatte er erkannt, dass die Löcher in der Oberfläche, die von einem zu dünnen Bronzeguss herrührten, sich nicht mehr reparieren ließen. Wie Leidbergs Holzskupturen wohnt auch dieser Statuette eine erstaunliche Dynamik inne. Die massiven Gewandfalten lösen sich zum Sockel hin in scheinbare Schwerelosigkeit auf, sodass einen Augenblick lang der Eindruck entsteht, als schwebe Maria in der Luft.