Verborgene Schätze

Mittelalterliche Bücher aus den Beständen der Universitäts- und Landesbibliothek

Weltchronik - Laurentius Valla mit Buch (1493) von Hartmann SchedelUniversitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Verborgene Schätze

Seit 1.600 Jahren lesen wir Texte zwischen zwei Buchdeckeln - das Buch gehört zur Kulturgeschichte der Menschheit. Im Mittelalter wurden in Europa die Buchseiten aus Pergament gefertigt und mühsam per Hand beschrieben. Kunstvolle Buchmalereien aus Farbe und Blattgold bezeugen die Wertschätzung der Zeitgenossen. In den klösterlichen Schreibstuben kopierte man theologische Texte für den eigenen Gebrauch, aber auch Literatur für reiche Adlige: Buchbesitz war exklusiv.



Die Verbreitung des Papiers machte die Bücher günstiger, doch erst mit der Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert setzte eine echte Medienrevolution ein. Frühe Drucke, die Inkunabeln, wurden nun auch von einem gebildeten Publikum in den Städten und an den Universitäten gelesen. 





Viele Buchschätze aus dem Mittelalter sind heute verloren. Die Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt verfügt jedoch über eine einmalige Sammlung von Handschriften, Fragmenten und Frühdrucken, aus der sie ausgewählte Exemplare hier der Öffentlichkeit zeigt.

Hieronymusbriefe (Ende 8. Jahrhundert)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Ein Buch herzustellen war im Mittelalter ein kostenintensiver und aufwendiger Prozess, der Zeit und handwerkliches Können erforderte. Als Beschreibstoff diente im frühen und hohen Mittelalter Pergament.

Loser Zettel, eingelegt in eine spätmittelalterliche HandschriftUniversitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Aus der arabischen Welt kam die Technik des Papierschöpfens nach Europa. Aber erst im 14. Jahrhundert war die Qualität des Papiers so gut, dass es Pergament als Beschreibstoff allmählich ersetzte.

Evangeliar (9. Jahrhundert)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

In den klösterlichen Skriptorien arbeiteten Ordensleute, die auf Schreiben und Buchmalerei spezialisiert waren. Sie benutzten Tinten aus Ruß oder Eisenvitriol mit Gallapfel.

Farben wurden aus verschiedenen Pigmenten hergestellt, die man aus Pflanzenextrakten, Mineralien und Edelsteinen gewann. Hinzu kamen teure Produkte wie Purpur, Blattgold und Silber.

Hieronymusbriefe (Ende 8. Jahrhundert)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Die Schreiberinnen und Schreiber bereiteten die Blätter vor: mit dem Zirkel für den Zeilenabstand und dem Griffel für das Ziehen der Linien.

Speculum aureum decem praeceptorum Dei (1481) von Henricus de HerpfUniversitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

In Ketten gelegt

Mit einer
Kette wurde das Buch auf dem Pult befestigt, so dass es vor Diebstahl geschützt
war. Beschläge verhinderten die Abnutzung des Bezugsleders der liegend
aufbewahrten Bände. Eine beliebte Art der Verzierung war die Blindprägung mit
Einzelstempeln, später auch Platten und Rollen.



Die Inkunabel weist noch alle Elemente eines typischen
gotischen Einbandes auf: Die Holzdeckel sind mit Leder überzogen und mit
Beschlägen ausgestattet, am Rückdeckel ist eine Kette befestigt, mit der das
Buch am Pult befestigt werden konnte.

Der Lederüberzug ist mit Stempeln verziert. Die verwendeten Motive (springender Greif, von Pfeil durchbohrtes Herz) erlauben die Zuordnung zu einer Nürnberger Buchbinderwerkstatt.

Gebetbuch (spätes 15. Jahrhundert)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Das gut erhaltene Beutelbuch soll einer Nonne eines Nürnberger Klarissenklosters gehört haben. Über dem normalen Einband ist ein Lederbezug angebracht, der einen Beutel für das Buch bildete. Damit konnte das Buch am Gürtel befestigt werden und war damit immer zur Hand.

Gebetbuch (spätes 15. Jahrhundert)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Innerer Buchdeckel mit Widmung "1495 jar. Das puchlein ist Anna Heugin, wer es fint, der loß irs wider werden."

Passionsandacht (Mitte 15. Jahrhundert)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Ein
Leben im Zeichen Gottes

Die christliche Religion und der Glaube an Gott prägten das gesamte mittelalterliche Leben. Das Zentrum des Glaubens bildete das Buch der Bücher – die Bibel. Dem Laien begegnete sie im Alltag in liturgischen Zeremonien wie der Taufe oder Heirat, in Bildern oder im geistlichen Spiel.



Vollständige, mit Buchschmuck ausgestattete Bibelausgaben auf Pergament konnten sehr kostspielig sein. Meist entstanden daher Teilausgaben wie die fünf Bücher Mose, die Psalmen, die vier Evangelien, die Apostelgeschichte oder die Apokalypse. In den Handschriften variierte der Buchschmuck von der einfachen Federzeichnung bis hin zur aufwendigen Buchmalerei.



Im 15. Jahrhundert erschienen die ersten gedruckten Bibelausgaben, die mit Holzschnitten bebildert waren. Häufig finden sich in den detailreich gestalteten Illustrationen zeitgenössische Vorstellungen von Himmel und Hölle.

Bibelfragment (9. Jahrhundert)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Das Bibelfragment umfasst die Stellen 5. Mose 22, 17 – 26 und 29, 2 – 25. Nachdem die Handschrift nicht mehr im Gebrauch war, wurde sie zerschnitten und als Buchbindermaterial verwendet.

Bibelfragment der lateinischen Vulgata (Brief des Judas gefolgt von Hieronymuskommentar zum Johannesevangelium) (um 1200)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Auch die folgenden zwei Fragmente einer lateinischen Bibel wurden als Einbandmaterial (Makulatur) für ein anderes Buch verwendet. Aufgrund ihrer ähnlichen Gestaltung mit großen, in Ranken aufgelösten Initialen kann angenommen werden, dass sie aus derselben Handschrift stammen.

Bibelfragment der lateinischen Vulgata (Beginn des Buches Obadja) (11. Jahrhundert)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Vermutlich umfasste die ursprüngliche Handschrift den gesamten Bibelkanon. Denn die beiden erhaltenen Fragmente stammen sowohl aus Büchern des Alten als auch des Neuen Testamentes.

Evangeliar (Mitte 10. Jahrhundert)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Das Evangeliar wurde im 10. Jahrhundert im Kloster Corvey geschrieben. Sowohl der Einband als auch der Buchschmuck sind unvollendet. Auf dieser Seite sieht man eine leere Kanontafel, die ausgefüllt die Parallelstellen der vier Evangelien zeigen würde.

Das Buch gelangte später in den Besitz des Damenstifts Quedlinburg. Dort wurde es noch hunderte Jahre nach seiner Entstehung genutzt. Im 15. Jahrhundert schrieb eine der Klosterschülerinnen Verse eines biblischen Lehrgedichts unter die Kanontafel.

Bibel, deutsch (1483)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Die Druckerei von Anton Koberger (1440 – 1513) in Nürnberg zählt zu den wichtigsten Stätten prächtiger Inkunabeldrucke des 15. Jahrhunderts. Aus seiner Werkstatt stammt auch die hier zu sehende Bibel. Der Text berichtet von den biblischen Plagen: hier die Stechfliegen und die Viehpest.

Bibel (1483)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Die begleitenden Bilder illustrieren die Katastrophen eindrücklich. Die Holzschnitte übernahm Koberger aus der Buchdruckerei des Kölner Druckers Heinrich Quentell. Sie wurden nach dem Druck aufwendig von Hand koloriert.

In biblischen Szenen werden im Mittelalter Figuren in der Regel in zeitgenössischen Gewändern dargestellt. Dies diente zur Vergegenwärtigung der dargestellten Inhalte.

Deutsches Diurnale (um 1500)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Heilige
Handlungen und fromme Gesänge

Der Dienst vor Gott und am Menschen nahm im Mittelalter einen zentralen Platz ein. Damals wie heute unterliegt jeder Gottesdienst einer bestimmten Ordnung und folgt festgelegten Ritualen - der Liturgie. Handschriften dienten hier als Hilfsmittel, Quelle und Überlieferungsträger für die verschiedenen Formen christlicher Feiern. So mannigfaltig die Anlässe, so zahlreich sind auch die verschiedenen Textformen, ihre Funktionen und ihre Ausgestaltung. Das den bischöflichen Funktionen vorbehaltene Pontificale, ein Ritualienbuch, leitet durch Taufen, Eheschließungen, Krankensalbungen und sogar Königskrönungen. Das Evangeliar mit den vier Evangelien ist für die Heilige Messe von zentraler Bedeutung. Während eines Stundengebets kommt das Psalterium mit den 150 Psalmen zur Anwendung.



In den Handschriften findet sich nach den Psalmen oft eine Sammlung von Gesängen - das Hymnarium. Durch die ergänzten Notationen der Gesänge in einigen liturgischen Büchern kann die Entwicklung der Notensymbole nachvollzogen werden: Aus den filigranen Häkchen der Neumen entsteht ab dem 12. Jahrhundert die Quadratnotation in ihren unterschiedlichen Abstufungen. Daraus entwickelt sich im 17. Jahrhundert unsere heutige Notenschrift.

Fragment mit zwei gregorianischen Gesängen (15. Jahrhundert)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Das Fragment zeigt die Niederschrift gregorianischer Gesänge. Die in roter Tinte geschriebene Zäsur auf der Seitenmitte verrät, dass der nachfolgende Gesang zur Liturgie des Apostels Andreas gehört.

Die prachtvolle Initiale auf Goldgrund ist in der Technik des Fleuronné gestaltet, einer feinen Rankenmalerei. Buchschmuck wie dieser macht deutlich, dass solche Handschriften auch eine repräsentative Funktion besaßen.

Fragment mit zwei gregorianischen Gesängen (15. Jahrhundert)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Dieses Fragment zeigt zwei Gesänge einer Weihnachtsliturgie. Der zweite Gesang "Exsulta filia sion" ist das heute noch bekannte Weihnachtslied „Tochter Zion, freue dich“. Die Melodie erscheint in Hufnagelnotation, die vom 14. bis 18. Jahrhundert verwendet wurde.

Die große Blattranke mit ihren leuchtenden Farben und komplizierten Schwüngen am Rand spricht dafür, dass es sich um ein Fragment aus einem aufwendig gestalteten liturgischen Buch handelt.

Die Initiale “E” ist im Stil des Fleuronné (geblümt) in den typischen Farben Blau und Rot gestaltet. Zarte Ranken umrahmen den Buchstaben und füllen ihn aus.

Fragment mit Gesang zu Himmelfahrt Mariä (15. Jahrhundert)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Dieses Fragment weist Tintenfraß und Läsuren durch Wasser und Würmer auf. Der Text "Gaudeamus omnes in Domino" ist ein Gregorianischer Gesang zum Fest der Himmelfahrt Mariä am 15. August.

Diese Initiale des Emailletyps zeigt auf dem gepunzten Blattgoldgrund ein blaues „G“, dessen Binnenfeld zwei grüne Palmettenblätter zieren. Das Blau ist durch einen Wasserschaden teilweise verblasst.

Buchdeckel mit Fragmenten aus einer liturgischen Handschrift (2. Hälfte 15. Jahrhundert)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Hier handelt es sich um Reste eines Buchdeckels, der mit Pergamentfragmenten überzogen ist. Der Buchblock fehlt inzwischen.

Buchdeckel mit Fragmenten aus einer liturgischen Handschrift (2. Hälfte 15. Jahrhundert)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Diese Praxis war im Mittelalter und in der frühen Neuzeit durchaus üblich. Einzelne Blätter aussortierter Handschriften wurden so als Bucheinband oder Makulatur weiter verwendet.

Pontificale Olomucense (1150)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Dieses Ponificale enthält neben Gebeten, Psalmen und bischöflichen liturgischen Amtshandlungen der Diözese Olmütz Wechselgesänge. Einige davon sind in Sankt Gallener Neumen notiert.

Pontificale Olomucense (1150)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Die Zieralphabete verwenden griechische und lateinische Schriftzeichen und dienten wahrscheinlich didaktischen Zwecken sowie der Veranschaulichung. Aufgeschlagen ist der Wechselgesang Deus cuius sedes est caelum et terra.

Psalterium und Hymnarium (1473 bis 1485) von Johannes Meystorp und Hinricus KeyserUniversitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Diese Handschrift, ein persönliches Exemplar eines Geistlichen, umfasst die 150 Psalmen und eine Sammlung von Hymnen.

Aus dieser bewohnten C-Initiale heraus zeigt ein bärtiger Mann seine Zunge. So werden Lesende auf witzige Weise irritiert zwischen der frechen Abbildung und dem dadurch eingeleiteten Psalm 97.

Psalterium und Hymnarium (1473 bis 1485) von Johannes Meystorp und Hinricus KeyserUniversitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Die freien Seiten füllte der Schreiber mit Exzerpten und Notizen.

Die Abbildung des Mönchskopfes zeigt die Hirnregionen nach Albertus Magnus (um 1200 - 1280): imaginatio aut fantasia, estimatio, memoria.

Psalterium und Hymnarium (1473 bis 1485) von Johannes Meystorp und Hinricus KeyserUniversitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Auf der daneben liegenden Seite befindet sich ein Namensverzeichnis, das auf die Universalgeschichte von Werner Rolevinck (1425 - 1502) verweist.

Studienhandschrift (15. Jahrhundert)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Bildung durch Bücher

Wer im Mittelalter das Privileg hatte, Bildung zu erhalten, wurde mit den sieben freien Künsten, den septem artes liberales, vertraut gemacht. Entstanden ist dieser Kanon aus den Studienfächern der Antike. Die Künste sind in zwei Gruppen unterteilt: erstens das Trivium mit Grammatik, Rhetorik, Dialektik und zweitens das Quadrivium mit Geometrie, Arithmetik, Astrologie/Astronomie und Musik. Die ersten vollständig erhaltenen Beschreibungen aller sieben Künste sind von Martianus Capella (360 – 428) überliefert. Ab dem 12. Jahrhundert werden die einzelnen Disziplinen durch Übersetzungen griechisch-arabischer Schriften erneuert und schließlich durch das Bildungskonzept des Aristoteles (384 v. Chr. – 322 v. Chr.) erweitert. Diese artes dienten als Grundlage für das Studium an den Universitäten. Der Besuch der Artistenfakultät war Voraussetzung für die höheren Fakultäten: Medizin, Jura, Theologie.

Fabulae (1500) von ÄsopUniversitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Die Fabeln des Äsop (um 600 v.Chr.) waren eine beliebte Lektüre im Lateinunterricht. Die handschriftlichen Anmerkungen, sogenannte Glossen, weisen auf den Gebrauch als Lehrbuch hin. Die vorliegende Übersetzung aus dem Griechischen stammt von dem Humanisten Laurentius Valla (1407 - 1457).

Eine Frau hatte eine Henne, die ihr täglich ein Ei legte. In der Hoffnung, täglich zwei Eier zu bekommen, gab sie ihr mehr Futter. Die Henne wurde fett und legte schließlich überhaupt nicht mehr. Diese Fabel lehrt, dass Menschen durch üppigen Besitz und Reichtum träge und faul werden.

Zu Beginn jeder Fabel steht ein kleiner Buchstabe in einem Leerraum. Dieser machte für eine künftige künstlerische Ausstattung die entsprechende Initiale kenntlich.

Fragment aus einer Studienhandschrift (1443)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Bei diesem Fragment handelt es sich um das Blatt einer astronomisch-astrologischen Studienhandschrift. Hier werden Berechnungen zur Sonnenfinsternis in Form von Tabellen dargestellt.

Die kleinen Figuren an den Satzanfängen sind einfache Ausführungen sogenannter „bewohnter Initialen“.

Fragment aus einer Studienhandschrift (1443)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Aufschlussreiche Randnotiz: In einer Randbemerkung hat der Schreiber Hinweise auf das Entstehungsjahr der Handschrift gegeben. Er bezeichnet das Jahr 1443 als „vergangenes Jahr“ (annus elapsus).

Fragment aus einer Studienhandschrift (1443)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Es war im Mittelalter von besonderer Bedeutung, den Verlauf des Kirchenjahres festzulegen. Die tabellarischen Kalenderberechnungen zur Bestimmung des jeweiligen Ostersonntages erfolgen hier mit Hilfe von Sonntagsbuchstaben (Litterae dominicales) in kräftigem Rot.

Der Kürschner nähte Narben in der Tierhaut zu. Beim Aufspannen zur Weiterverarbeitung rissen die Fäden, sodass im Pergament Einstichstellen zurückblieben.

Im Mittelalter war es üblich, mittels kleiner Bilder am Rand Bezug auf den Text zu nehmen.
Der gemalte Finger wurde benutzt, um Wichtiges hervorzuheben und darauf zu „zeigen“.

Compendium octo partium orationis (1488) von Laurentius VallaUniversitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Dieser Leitfaden des Humanisten Laurentius Valla (1407 - 1457) gehört zu den grammatischen und rhetorischen Lehrwerken des späten 15. Jahrhunderts. Der Holzschnitt illustriert die Verwendung des Buches: Es zeigt einen Professor und seine Studenten während des Unterrichts.

Sachsenspiegel (12. Jahrhundert)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Recht in Büchern

Im Mittelalter verstand man das Recht als Teil der göttlichen Ordnung. Die mittelalterliche Rechtsprechung im Heiligen Römischen Reich stützte sich lange Zeit auf mündliches Gewohnheitsrecht, einer Mischung aus germanischem Stammesrecht und Königsrecht. Im Hochmittelalter wurden die Gesetzeswerke Kaiser Justinians (482 - 565) in Bologna wiederentdeckt. Das römische Recht galt erneut maßgeblich für ganz Europa. Parallel dazu wurde oft ein heimisches Gewohnheitsrecht angewendet. Seine Niederschrift machte es verbindlich. Beispielhaft dafür steht wie kein anderes Rechtsbuch der Sachsenspiegel Eikes von Repgow (ca. 1185 – nach 1233). Er prägt das deutsche Recht bis heute. In den Städten entwickelte sich zunehmend eine eigene Gerichtsbarkeit, die sich an die jeweiligen wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten anpasste. Wichtige Zeugnisse mittelalterlicher Rechtspraxis sind Gerichtsbücher, die im deutschsprachigen Raum seit dem 13. Jahrhundert überliefert sind. Sie enthalten verschiedene Rechtsverhandlungen wie z.B. Kauf, Schenkung, Vererbung und Verpfändung. Neben dieser niederen Gerichtsbarkeit entschied eine hohe Gerichtsbarkeit über alle Straftaten bis hin zu Mord.

Beschwerdebrief der Stadt Breslau gegen die Fürsten von Oppeln (1406(?))Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Der Beschwerdebrief der Stadt Breslau schildert die Schädigungen, welche die Stadt in der Oppelner Fehde erlitten hat. Ihr Anlass war ein Schuldschein, den der böhmische König Wenzel IV. (1361 - 1419) zum Vorteil der Oppelner Herzöge ausgestellt, aber nicht eingelöst hatte.

Stadtbuch von Alsleben (Saale) (nach Mai 1451 (Nachträge bis 1490))Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Das Buch enthält das selbstgesetzte Recht der Stadt Alsleben, Magdeburger Schöffensprüche zu Alslebener Rechtsfällen und Einträge zu Rechtsgeschäften Alslebener Bürger.

Geschäftsanweisungen der Dogen von Venedig (1506 und 1528 (mit Nachträgen))Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Die mächtigen Staatsoberhäupter von Venedig, die Dogen, ließen in den Dogenbüchern Geschäftsanweisungen niederschreiben. Die Titelseite dieses venezianischen Dogenbuchs ist im Stil einer Buchmalerei der Renaissance gestaltet. Die aufwendige Gestaltung betont Macht und Reichtum der Republik Venedig.

Zu sehen ist der geflügelte Markuslöwe – das Wahrzeichen von Venedig. Seine Pfote ruht auf dem Evangelium des Heiligen Markus. Der Evangelist Markus ist noch heute der Stadtheilige von Venedig.

Sachsenspiegel (1478) von Eike von RepgowUniversitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Johannes von Buch (um 1290 – um 1356) war der bedeutendste Kommentator des Sachsenspiegels. In dieser Handschrift ist die Buchʼsche Glosse teilweise verkürzt, um weitere Glossen ergänzt und mit Fragmenten lateinischer Rechtstexte versehen.

Die Federzeichnung zeigt eine Kaiserkrönung in Rom durch den Papst. Er übergibt dem knienden Kaiser die Insignien der Macht.

Sachsenspiegel (1478) von Eike von RepgowUniversitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Das Wasserzeichen im Papier wurde hier mit Bleistift nachgezogen. Der Ochsenkopf, in diesem Beispiel mit einer Krone versehen, gehört zu den häufigsten mittelalterlichen Wasserzeichen.

Hallisches Schöffenbuch Bd. 4 (1383 bis 1424)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Die Hallischen Schöffenbücher (1266 – 1806) enthalten Ergebnisse der Rechtsverhandlungen vor dem Schöffengericht. Abgebildet ist die Vorrede zum Schöffenbuch mit ornamentaler Verzierung in der ansonsten schmucklosen Handschrift.

Petersberger Chronik (1492 bis 1508)Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Geschichte und Geschichten

Unser modernes Geschichtsverständnis steht im Gegensatz zu den Vorstellungen der mittelalterlichen Menschen, deren Weltbild stark von der christlichen Heilsgeschichte geprägt war. Nach dieser Auffassung nimmt die Menschheitsgeschichte ihren Anfang mit der Erschaffung der Welt und ihr Ende am Tag des Jüngsten Gerichts. Die mittelalterlichen Gelehrten hielten die Vergangenheit und die zeitgenössischen Ereignisse in Chroniken und Annalen fest. Ab dem 12. Jahrhundert entstand neben den lateinischen Schriften der Kleriker auch eine volkssprachige Literatur adliger Laien. Die literarischen Vorbilder dieser höfischen Dichtung stammten zum Teil aus der französischen Artusepik, der germanischen Heldensage oder auch aus Romanen, die Stoffe der Antike adaptierten. Die Inhalte wurden für ein höfisches Publikum neu erzählt und in zahlreichen Handschriften überliefert. Besondere Wertschätzung genoss im Mittelalter auch die volkssprachige Geschichtsdichtung, die ihren Ursprung in den mündlichen Überlieferungen hatte.

Trojanerkrieg (3. Drittel 14. Jahrhundert) von Konrad von WürzburgUniversitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Die Bearbeitung der Trojasage durch Konrad von Würzburg (um 1225 – 1287) zählt zu den verbreitetsten Heldendichtungen der Antike in deutscher Sprache.

Die im Hallenser Fragment überlieferten Verse behandeln die Kriegsvorbereitungen der Griechen unter Agamemnon und Menelaos, dessen Gattin Helena von ihrem Geliebten Paris nach Troja entführt wurde.

Weltchronik (1493) von Hartmann SchedelUniversitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Die Schedelsche Weltchronik ist eine universalhistorische Darstellung der Weltgeschichte. Sie behandelt Ereignisse von der Schöpfung bis zum Jahr 1493 in sechs Weltaltern. Sie gehört vor allem durch ihre auffallende Bilderpracht und ihren Detailreichtum zu einem der bedeutendsten Frühdrucke.

Die Abbildung zeigt die Stammbäume der ägyptischen Königin Kleopatra und des jüdischen Königs Herodes. Die Illustrationen sind in Anlehnung an Repräsentationen eines Herrschers im Heiligen Römischen Reich stark europäisiert.

Weltchronik - Päpstin Johanna (1493) von Hartmann SchedelUniversitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Diese Seite der Chronik behandelt die Lebensgeschichten einzelner Päpste. Unter ihnen befindet sich ein ganz besonderer Pontifex.

Die Abbildung zeigt Päpstin Johanna, die der Legende nach im 9. Jh. unter dem Namen Johannes VII. den päpstlichen Thron bestiegen haben und bei der Geburt ihres geheim gehaltenen Kindes gestorben sein soll.

Weltchronik - Wundervölker (1493) von Hartmann SchedelUniversitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Ein besonderes Detail der Chronik sind die Abbildungen der sogenannten Wundervölker. Diese stellen anthropomorphe Wesen dar, die auf den im Mittelalter kaum bekannten oder unerforschten Territorien oder Kontinenten lebten.

Für großes Aufsehen sorgten im Mittelalter Berichte über die zweigeschlechtigen Menschen, sogenannte Hermaphroditen, die ebenfalls zu einem der mythischen Wundervölker zählten.

Psalterium und Hymnarium (1473 bis 1485) von Johannes Meystorp und Hinricus KeyserUniversitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Ende

Die Ausstellung ist das Ergebnis des interdisziplinären Seminars "Buch- und Schreibkultur im Mittelalter. Vom Objekt zur Ausstellung", das im Wintersemester 2020/21 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg stattfand. Sie wurde maßgeblich von Studierenden der Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte sowie den Dozentinnen Dr. Claudia Wittig, Dr. Andrea Seidel und Prof. Dr. Ute Elisabeth Engel gestaltet. Dr. Julia Knödler und Dipl.-Rest. Péter Gönczi von der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt sowie Prof. Dr. Dirk Schaal von der Zentralen Kustodie der Martin-Luther-Universität begleiteten das Projekt. 

Kettenbuch - Buchdeckel hinten (1481) von Henricus de HerpfUniversitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Mitwirkende: Geschichte

Zugang zu den digitalen Sammlungen der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt:

https://opendata.uni-halle.de/handle/1981185920/31823

Quelle: Alle Medien
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