Die Bildidee der „Grauen Serie“ ist folgende: Vorgegeben ist jedesmal der gleiche Rahmen. Die Dimension, in der wir leben, ist durch den grauen Kasten angedeutet. Die Rahmenoberfläche empfinden wir als unserer Welt zugehörig.
In den Kasten ist ein Bild „eingeklebt“.
Es finden sich verschiedenste Motive:
Stillleben, Landschaften, Akte, surreale Kompositionen.
Dass es sich um ein auf Papier gemaltes Bild handelt, wird durch das Ablösen des Papiers vom Hintergrund sowie den gemalten Rissen an den Rändern des imaginären Blattes sichtbar.
Auf dem grauen Rahmen liegen unterschiedlichste Gegenstände, meist aus unserem Alltag. Hierdurch ergeben sich interessante Möglichkeiten der verspielten Gegenüberstellung und Verschachtelung in den verschiedenen Bildräumen.
Da die Gegenstände in der Dimension des Betrachters liegen, neigt man dazu diese wegnehmen bzw. austauschen zu wollen.
Sie scheinen nicht zum gerahmten Bild zu gehören.
Immer aber treten diese Alltagsgegenstände mit der Komposition im Hintergrund in Interaktion.
Sie haben Einfluss auf diese, obwohl sie sich in einer anderen Dimension befinden.
Wolfgang Lettls surreales Rezept lautet:
Man male nicht zusammenpassende Dinge in einen irrealen Raum zusammen und es ergeben sich überraschende, mehr oder weniger sinnvolle Kompositionen.
In der unendlichen Weite des Meeres der Möglichkeiten steht eine Brücke.
Einer will nach oben.
Oben begegnet er einem.
Er erkennt in dem Rivalen sich selbst -
und fordert sich zum Duell.
Philosophen sind Menschen, die mit großer Anstrengung Probleme zu lösen versuchen, die außerhalb unserer normalen Erfahrungswelt liegen. Sie wollen aus anderen Dimensionen Wahrheiten ans Licht bringen.
Sie erfahren dabei, dass sie sehr schnell an die Grenze ihrer Möglichkeiten stoßen.
Einen Hacken in einer anderen Dimension aus der Wand zu ziehen, kann zur Lebensaufgabe, zum unlösbaren Problem werden.
Die eigene Frau als Modell ist der Idealfall, sie steht immer zur Verfügung, und wenn auf einem Bild noch irgendetwas fehlt, kann man seine Frau hinlegen, sie macht sich immer gut. Mit der Zeit kennt man sie auswendig, dann braucht man kein Modell mehr oder nur ganz selten für ein Detail.
Auch Wäscheklammern stehen mir immer zur Verfügung.
Obwohl sie schön farbig sind und so schön still liegen, können sie mit meiner Venus nicht konkurrieren.
Wenn eine Schuhbürste einem Triumphbogen begegnet, dann müsste man annehmen, die Schuhbürste sei bedeutungslos. Und wenn ein König einem Bettler oder ein Philosoph einem Idioten begegnet, ergibt sich eine ähnliche Ungleichgewichtigkeit.
Wer setzt die Maßstäbe?
Auf meinem Bild gefällt mir die Schuhbürste besser, denn an ihr haftet der Geruch von Nützlichkeit. Sie riecht nach Schuhcreme. Sie liegt mir näher.
Der Reiz des Surrealismus besteht in der Möglichkeit, Bilder aus dem Unbewussten ins Bewusstsein herüber zu bringen. Wie wenn man einen Fisch aus einem irrealen, weil nur gemalten Wasser zieht und durch das Bild hindurch in die Pfanne befördert.
Der Zickzackkurs des Schattens der Rute und die Frage, wo das nasse Netz hintropfen soll, lassen nur andeutungsweise die Schwierigkeiten ahnen, welche sich bei einem solchem Unterfangen einstellen.
Die mobile Fortschrittsgesellschaft rennt planlos und kopflos hin und her und bezieht ihre Legitimation aus der Anzahl der Mitläufer.
Was alle tun, kann nicht verkehrt sein.
Sie sind unterwegs auf der Suche nach dem Glück.
Ich fürchte, sie haben die Schlüssel verloren.
Das letzte Bild dieser Serie hat den Titel „Abschied“.
Im Hintergrund sieht man, wie eine Flüchtlingsgruppe von Strapazen gezeichnet durch den Bildraum irrt.
Auf dem grauen Rahmen liegt eine Lochzange.
Sie wird im Bild zum Symbol dafür, was zurückgelassen wird bzw. was zurückbleibt, wenn Menschen von uns gehen.
Curator of the Lettl Collection—Florian Lettl
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