Eine halbe Sache, mit ganzem Ergebnis!

Wie die Halbautomatenproduktion ab den 1920er Jahren die Behälterglasindustrie am thüringisch-fränkischen Rennsteig revolutionierte...

Von "BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH"

Europäisches Flakonglasmuseum

Was wäre in Bayern ein „Seppl“ ohne sein „Dirndl“? Sicher nur eine halbe Sache! Aus dem Leben gegriffen, dabei aber ausgefallen und mit einer ordentlichen Portion Witz ausgestattet, so wünschte sich die feminine Käuferschicht Anfang des 20. Jahrhunderts ihren Parfüm-Flakon. Taschen-Flakons wie „Seppel und sein Dirndl“ lagen damit nicht nur in Bayern voll im Trend.

Um Flakons ein auslaufsicheres Schraubgewinde für die Damenhandtasche zu gewähren und gleichzeitig den wachsenden Bedarf zu decken, wurden in den drei Glashütten des Tettauer Winkels: Alexanderhütte, Heinz-Glas und Hammerschmidt ab den 1920er Jahren die Halbautomatentechnik eingeführt. Wie Du im nachfolgenden Video sehen kannst, wurden dadurch die Arbeitsschritte effizienter und die manuelle Mundblastechnik fortan durch den Einsatz von über 2 Bar Pressluft ersetzt.

Die für einen Halbautomaten notwendigen vier Glasmacher (Anfänger, Motzer [Vorbläser], Ausbläser und Einträger) arbeiteten Hand in Hand im Akkord. So konnten von einem Arbeitsteam pro Schicht zwischen 4.000 bis 8.000 Flakons gefertigt werden. Aufgrund der schweren körperlichen Belastung, zum Beispiel durch erhöhte Lautstärke und Hitze, blieb die Halbautomatenproduktion eine reine Männerdomäne.

Die Glasmacher Günther Neubauer und Willi Stärker aus dem oberfränkischen Ebersdorf im Landkreis Kronach haben die gute alte Zeit der Halbautomatenfertigung noch hautnah in Kleintettau kennenlernen dürfen. An ihren Erlebnissen kannst Du durch die folgenden Hörbeiträge teilhaben.

Historische Hohlglasproduktion am Halbautomaten (1950er Jahre) von Dieter SchieritzOriginalquelle: Europäisches Flakonglasmuseum

Radio Eins-Interview mit dem Glasmacher Günther Neubauer und der Radio-Moderatorin Uli Noll
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Radio Eins-Interview mit dem Glasmacher Willi Stärker und der Radio-Moderatorin Uli Noll
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Der Arbeitskräftemangel der Kriegsjahre bedingte eine fortschreitende Entwicklung der Behälterglas-Herstellung hin zur Vollautomatisierung. Doch noch bevor die vollautomatische Fertigung Anfang der 1970er Jahre im Tettauer Winkel einzog, florierte bis dahin der Absatz mit den halbautomatischen Produkten, wie den figürlichen Taschen-Flakons.

Dies war auch in der damals noch jungen Deutschen Demokratischen Republik nicht anders, wie die folgenden Katalogseiten mit Taschen-Flakons des thüringischen VEB Glaswerk Piesau um das Jahr 1955 beweisen.

EFGM-016-VEB_Piesau-Katalogseite_39, Originalquelle: Europäisches Flakonglasmuseum
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EFGM-017-VEB_Piesau-Katalogseite_41, Originalquelle: Europäisches Flakonglasmuseum
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EFGM-018-VEB_Piesau-Katalogseite_42, Originalquelle: Europäisches Flakonglasmuseum
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EFGM-019-VEB_Piesau-Katalogseite_44, Originalquelle: Europäisches Flakonglasmuseum
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Um den Ausdruck der Charakterfiguren zu verstärken, übernahmen oftmals die Glasmacherfamilien in den Dörfern vor Ort eine teilweise Bemalung in Heimarbeit. Die Individualität und so manches Augenzwinkern der Handarbeit, sollte sich auch hier in künftige Technisierungs- und Rationalisierungsverfahren neuer Veredelungsmöglichkeiten verlieren.

EFGM-015-Dauerausstellung_20_JahrhundertOriginalquelle: Europäisches Flakonglasmuseum

Wo findest Du Halbautomatenvorführungen?

Das Europäische Flakonglasmuseum in Kleintettau ist ein Ort der Begegnung. Neben dem Besuch der Spezialsammlungen zur Parfüm- und Kosmetikkultur Europas, kannst Du zu besonderen Anlässen Halbautomatenvorführungen erleben und Dich selbst als Glasmacher versuchen.

Falls Du mehr über das Europäische Flakonglasmuseum in Kleintettau erfahren möchtest, dann schaue Dir den nachfolgenden Beitrag an. Er verschafft Dir einen kurzen Überblick über die Heimat des gläsernen Flakons.

Mitwirkende: Geschichte

www.flakonglasmuseum.eu

Quelle: Alle Medien
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