Der etwas unterlebensgroße Kopf eines Mädchens wird zu einer Statue gehört haben, die als Weihgabe in einem Heiligtum stand. Der Fundort legt eine Weihung an Athena auf einem Anathem in ihrem heiligen Bezirk nahe. Die Lebendigkeit des Mädchenkopfes wird durch den die Haare und die Ohren bedeckenden Schleier hervorgehoben, indem der Ausdruck sich auf die Gesichtszüge konzentriert. Die obere Bahn des doppelt gefalteten Schleiertuchs führt bis zum Nacken herab und wird sich am Rücken der Statue fortgesetzt haben; auffällig ist auch an anderen, vor allem in Milet und Samos gefundenen Schleierköpfen, dass sich oberhalb der Ohren eine Verdickung abzeichnet, die entweder das aufgesteckte Haar oder den eingeschlagenen Stoff meint. Wie auch am Kopf des erwähnten Opferträgers sind die Modellierungen und Übergänge vom Gesicht zum Schleier ohne plastische Akzentuierungen fließend und weich gestaltet. Die gerundeten, sich leicht vorwölbenden Augäpfel werden von mandelförmigen Lidern umrahmt und geben ebenso wie die schmalen, zu einem Lächeln leicht nach oben gebogenen Lippen dem Mädchenkopf einen heiteren und unbeschwerten Ausdruck. Die bemerkenswerte Lebendigkeit des Köpfchens wird noch unterstrichen durch deutliche Asymmetrien in den Wangen, dem Mund und der Anlage der Augen. Der Marmorkopf, der im Jahrzehnt zwischen 540–530 v. Chr. entstanden ist, zeigt uns das milesische Frauenbild auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung.