Amalie Zuckerkandl (1869-1944) war die Tochter des Wiener Schriftstellers und Bühnenautors Sigmund Schlesinger. Sie heiratete den Chirurgen und Urologen Dr. Otto Zuckerkandl. Dessen Bruder Emil Zuckerkandl war ein bedeutender Anatom und Gattin der Schriftstellerin und Kunstkritikerin Berta Zuckerkandl, geborene Szeps. Letzterer ist wohl auch der enge Kontakt der Familie mit Gustav Klimt zu verdanken. Amalies Bildnis wurde bereits 1913 oder 1914 bei Klimt in Auftrag gegeben. Vermutlich schuf der Meister bereits in diesen Jahren die Partien im Bereich des Gesichts und des Dekolletés der zu Porträtierenden. Erstaunlich ist, wie Klimt den Kontrast zwischen dem hellen Teint der Dargestellten und ihrem dunklen Haaren und dem exzentrischen, schwarzen Halsband mit Spitzen, das rückwärts zu einer Schleife gebunden ist, minutiös herausarbeitet. Während des Ersten Weltkriegs hielt sich Amalie Zuckerkandl in Lemberg auf, wo ihr Mann als Arzt tätig war und sie selbst in dessen Spital als Krankenschwester arbeitete. Nach ihrer Rückkehr aus Lemberg wollte Klimt die Arbeit an ihrem Bildnis wiederaufnehmen und zeichnete einige weitere Bleistiftskizzen, dürfte aber am Ölbild selbst nicht mehr allzu viel verändert haben. Der bereits mit grüner Farbe gestaltete Hintergrund lässt an einigen Stellen angedeutete Blumenornamente erkennen, und auch das Kleid und der Schal sind aufgrund der mit Bleistift auf der Leinwand vorgenommenen Vorzeichnung erst erahnbar.
Das weitere Schicksal von Amalie Zuckerkandl ist besonders tragisch und erschütternd. Ihre Ehe mit Otto Zuckerkandl wurde bereits 1919 wieder geschieden. Rund zwanzig Jahre später wurde sie aufgrund der Nürnberger Rassengesetze von den Nationalsozialisten verhaftet und gemeinsam mit ihrer Tochter Hermine Müller-Hofmann 1942 im Konzentrationslager Bełžec in Polen ermordet.