Der Künstler hat in seinem Atelier der Staffelei den Rücken zugewandt und zeichnet einen weiblichen Akt. Sein Modell hält in der einen Hand eine Draperie und in der anderen Hand einen Palmwedel, aufgrund dessen die Szene als Allegorie auf den Ruhm der Zeichenkunst gilt. Sujet und Technik korrespondieren miteinander: Rembrandt stellt einen Künstler als „inventor“ bei der Konzeption eines Bildgedankens dar und wählte dazu das Medium, das in der damaligen Druckgraphik größte Spontaneität und individuellen Ausdruck erlaubte. Die Radierung löste im 17. Jahrhundert den Kupferstich ab, da man mit der Radiernadel auf dem Ätzgrund ähnlich leicht wie mit einem Bleistift zeichnen und feine malerische Wirkungen erzielen konnte. Rembrandt schuf etwa 300 Arbeiten in dieser Technik, die unterschiedliche Ausdrucksmöglichkeiten bot, wie das Blatt zeigt: Die obere Hälfte mit der Staffelei, den Gewölbebogen und die Büste führte Rembrandt sorgfältig in Ätzradierung aus, während er die untere Hälfte allein mit der Kaltnadel vorzeichnete. Das scheinbar unvollendete Blatt fand seine Abnehmer, gewährte es doch Einblick in Rembrandts Arbeitsweise. Offenbar skizzierte er direkt, ohne gepauste Vorzeichnung, in die mit Wachs beschichtete Platte und vernichtete im Weiterarbeiten die erste spontane Skizze.
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