„Es muß an dieser Stelle wenigstens erwähnt werden, daß dieser künstlerische Prozeß der Wandlung, der Schönberg zwang, nur der inneren Stimme zu lauschen und zu gehorchen, von einem gesteigerten Ausdrucksbedürfnis begleitet war, das ihn dazu führte, seinen Visionen bildhafte Gestalt zu geben. Mit einer erstaunlichen Begabung wußte er sich das Technische der Malerei anzueignen, und schuf in der Zeit von 1907 bis 1910 eine große Zahl von Bildern, die in zwei deutlich getrennte Gruppen sich gliedern: in Portraits und Naturstudien einerseits, in Farbenvisionen andererseits. Wie immer man sich zu ihnen stellen mag: man ist durch die Kraft und Unmittelbarkeit des künstlerischen Willens, der hinter ihnen steht, erschüttert; man fühlt, sie mußten gemalt werden, um einer Überfülle innerer Gesichte Herr zu werden. In dem Maße, als Schönberg mit den Mitteln der neuen musikalischen Technik, die er sich selbst geschaffen hatte, frei schalten konnte, nahm das Bedürfnis, sich in der Farbe auszudrücken, ab, um dann gänzlich aufzuhören. Eine Ausstellung seiner Bilder im Herbst 1910 im Kunstsalon Heller führte dazu, daß jetzt auch Leute, die nichts mit Musik zu tun hatten, auf Grund ihres dort gewonnenen Eindrucks, ein Recht zu haben glaubten, über den Komponisten Schönberg zu urteilen. Nur wenige empfanden die innere Not, die den Vereinsamten zwang, sich sichtbar auszudrücken, und drangen auf diesem Weg tiefer in seine Musik ein.“ (Egon Wellesz, Arnold Schönberg, Wien 1921)