Wie können wir Traditionen heute neu interpretieren?
Wenn man sich zu Sprache nicht verhält, gerät sie schnell in Vergessenheit. In Deutschland gibt es in jedem Bundesland mindestens einen Dialekt. Im Norden ist das Plattdeutsch, „das nicht nur verstaubt und tot ist, sondern auch sexy“. Finden jedenfalls Torben, 29, und Jakob, 29, aus Bremen.
Seit ein paar Jahren gibt es in Deutschland wieder eine plattdeutsche Szene. Eine Szene über Geschichten, Lustiges und Schnack. Jakob, 29, nennt es einen plattdeutschen Zirkus. Jakob ist zusammen mit Torben und ihrem „dritten Mann“ Malte Teil der Band „De fofftig Penns“. Die drei singen, naja eher rappen, auf Plattdeutsch und machen aus der fast vergessenen niederdeutschen Sprache Elektro-Hip-Hop oder auch „Dialektro“, wie sie es selbst nennen.
So holen Jakob, Torben und Malte für ihre Musik Begriffe aus der Mottenkiste zurück in den aktiven Sprachgebrauch. „Das Hashtag ‚löppt‘ (läuft) hat mittlerweile weit mehr als 3.000 Hits“, sagt Jakob stolz.
Früher haben alle Norddeutschen platt geredet, heute kann das fast niemand mehr. Durch Bands wie „De fofftig Penns“ hat sich Platt neue Kontexte erobert: von der Kuhweide in die Clubs und auf Festivals. Platt ist jetzt Tradition mit einem Twist.
Um Traditionen in einer globalisierten Welt am Leben zu erhalten, braucht man zeitgemäße Neuinterpretationen. Egal, ob es sich dabei um Sprache, Bräuche oder andere traditionelle Gepflogenheiten handelt. Weil man ja trotzdem will, dass Wurzeln bleiben und nicht verschwinden.
Die Geschichte der drei Hip-Hop-Jungs ist beispielhaft für den Umgang mit Traditionen in der Generation25. Denn der Verdacht, dass Tradition etwas ist, das an Bedeutung verloren hat, bestätigt sich beim Lesen der vielen jungen Kommentare nämlich nicht. Die Generation25 weiß, wie wichtig Bräuche für die eigene Verankerung sind, weiß aber auch, dass Leben sich weiterentwickelt, und geht deswegen ganz sanft mit dem „Alten“ um.
David, 17, schreibt zum Beispiel: „An Traditionen nicht starr festhalten, sondern sanft anpassen/weiterentwickeln.“
Und Ferial, 15: „Jede neue Generation mit ihren neuen Eigenschaften verwandelt Traditionen automatisch, das macht sie so schön.“
Traditionen heute neu interpretieren scheint aus Sicht der Generation25 ganz einfach zu gehen:
„Dieselben Traditionen durch verschiedene neue Blickwinkel sehen.“ (Justus, 18)
„Von Altem inspirieren lassen, Neues hinzufügen.“ (Defne, 19)
„Indem wir alte Traditionen dem digitalen Zeitalter anpassen.“ (Lisa, 23)
Vielleicht gehen Justus, Defne und Lisa so unbeschwert mit dem Vergangenen um, weil sie keine Angst vor der Zukunft haben. Vielleicht ist die Leichtigkeit der Generation25 ein Zeichen dafür, wie wohl sie sich fühlt. In diesem Leben heute, das ja eigentlich alles möglich macht.
„Traditionen können wieder cool werden, wenn man sie in der Schule unterrichtet bekommt“, schreibt Asia, 21, und Ana, 34: „Unsere Großeltern spielen dabei eine wichtige Rolle.“
Bands wie „De fofftig Penns“ gelingt es, Generationen und Jahrzehnte zu vereinen. Das Alte mit dem Neuen, das Reale mit dem Digitalen. Oma, die bis heute Plattdeutsch spricht, korrigiert ihre Liedtexte. YouTube und Social Media helfen bei der Verbreitung.
Mit Spaß an dem Spiel aus Vergangenheit und Zukunft, lassen sich Traditionen in unserem lebendigen Jetzt aufrechterhalten. Man muss sich trauen, auch mal mit der Tradition zu brechen, um sie zu erweitern. Am besten gleich überall: an Schulen, im Alltag, auf Festivals, im Garten, zu Hause, auf Reisen, unter Freunden, mit Oma, in Bremen oder am Bodensee. Dort hört man nämlich – seit es „De fofftig Penns“ gibt – auch wieder Platt.
#DEUTSCHLAND25
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