1975 veröffentlichte Gustavo Gili in Barcelona das Künstlerbuch „Càntic del sol“, mit einer Einleitung des Dichters Marià Manent (1898-1988) sowie 32 Radierungen und Aquatintadrucken von Joan Miró (1893-1983). Miró illustriert darin den ‚Sonnengesang‘ (Cántic del sol), einen Hymnus des hl. Franz von Assisi (1182-1226). Für Miró sind die zentralen Begriffe des Textes – Mond, Sonne, Sterne – stets wiederkehrende Themen. Seine Faszination für das bäuerliche Leben, die Natur und die kosmischen Elemente zeigen sich in symbolhaften Bildmotiven in seinem Gesamtwerk. Das Künstlerbuch „Càntic del sol“ ist als einziges Exemplar in Norddeutschland in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel nachgewiesen. Die Graphiken bilden eine Reihe von Kompositionen für sich. Blatt 4v: Kreisform geteilt durch eine geschwungene Linie. Links gelbes Formelement auf blauem Hintergrund, rechts rotes Halbrund auf schwarzem Hintergrund. Mirós Bildmotive sind nicht kreisrund, sondern oval oder ellipsenförmig. Sie scheinen dadurch in Bewegung und erzeugen Assoziationen an kosmische Elemente, wie die Umlaufbahn von Planeten. Die Form ist dabei auf das Wesentliche reduziert. Die Graphiken sind von farbiger Leuchtkraft. Miró verfolgt mit der reduzierten Formensprache und der Verwendung reiner Farben das Ziel, die höchste Steigerung der Bildkraft zu erreichen.