„Mein großes Bild für Landsberg ist trotz der großen Hitze mit unendlichem Fleiß herausgearbeitet. […] Es ist Dante im Garten wandelnd, sprechend mit fünf edlen Frauen, an ihn gelehnt sein Töchterchen Beatrice, beinahe lebensgroß, wirkt ungefähr wie ein Andante […].“ Diese Zeilen schrieb Anselm Feuerbach 1857 aus Rom an seine Mutter über sein neuestes Werk. „Wirkt ungefähr wie ein Andante“ – diese Formulierung mag merkwürdig erscheinen, zumal wegen des Wortspiels mit dem Namen des italienischen Dichter-Heroen „Dante“. Tatsächlich schuf Feuerbach sein Gemälde aber für einen Musiksalon, woraus sich der Begriff des „Andante“ für die Darstellung dieses offensichtlich gemächlichen Spaziergangs wohl mit erklärt. Das Bild war für den Musiker Ludwig Landsberg gedacht. Dessen Auftrag hatte Feuerbach, der sich gerade seit einem halben Jahr in der Ewigen Stadt aufhielt, als Chance und Anerkennung glücklich angenommen. Kurz bevor er sein Werk vollendet hatte, verließ Landsberg jedoch plötzlich Rom. Das Bild blieb in Feuerbachs Besitz, bis es Großherzog Friedrich I. von Baden 1859 vom Künstler erwarb.
Feuerbachs Auseinandersetzung mit antiken Vorbildern, die ihm in Rom auf Schritt und Tritt begegneten, wird hier deutlich. Nicht nur arrangiert er die Figurengruppe in der Art eines griechischen Frieses, sondern er zitiert mit der linken Frauenfigur auch die sogenannte Große Herkulanerin, die Marmorkopie eines Werkes von Praxiteles aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts vor Christus, die im 18. Jahrhundert in Herkulaneum ausgegraben worden war.
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