Die Arbeiten von Caravaggio (1571-1610) zeichnen sich durch einen ausgeprägten Naturalismus in der Darstellung und starke Licht-Schatten-Kontraste aus. Caravaggio war in Rom für namhafte Auftraggeber tätig, u. a. für die Geschwister Giustiniani – Kardinal Benedetto und Marchese Vincenzo. In ihrer bedeutenden, im Palazzo Giustiniani untergebrachten Kunstsammlung präsentierten sie insgesamt 15 Gemälde des Meisters , darunter auch "Der ungläubige Thomas". Nachdem sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts der Nachfahre Principe Vincenzo Giustiniani aufgrund hoher Verschuldung gezwungen sah, die Sammlung der Familie aufzulösen und an Féréol Bonnemaison zu veräußern, erwarb sie der preußische König Friedrich Wilhelm III. 1815 bei dem Pariser Kunsthändler. Der Ankauf erfolgte bereits im Hinblick auf die Einrichtung eines öffentlichen Kunstmuseums in Berlin, weshalb die Gemälde nicht in die Kunstsammlungen der preußischen Schlösser integriert wurden. Stattdessen wurden sie zunächst an die Königlich Preußische Akademie der Künste übergeben, bevor sie Aufnahme in das 1830 fertiggestellte Königliche Museum in Berlin fanden. "Der ungläubige Thomas" jedoch fiel unter die Werke, die – vor dem Hintergrund des damaligen Kunstgeschmacks – als weniger qualitätvoll eingestuft und aussortiert wurden. Von den fünf erworbenen Bildern Caravaggios kamen schließlich nur drei in das Museum, darunter "Amor als Sieger" (Berlin, SMB PK, Gemäldegalerie, Inv. Nr. 369), während "Der ungläubige Thomas" zunächst in der Bildergalerie des Berliner Schlosses gehängt wurde. 1855/56 kam das Gemälde in die Bildergalerie von Sanssouci. Die Komposition, basierend auf einer Episode des Johannesevangeliums (Joh 20, 24-29), ist in dunklen Brauntönen gehalten, die zentralen Figuren Christus und Thomas werden von einem von links einfallenden Lichtschein beleuchtet und hervorgehoben. Christus, mit blasser Haut und in einem weißen Gewand dargestellt, führt die Hand des Apostels, um ihn von seiner Wiederauferstehung zu überzeugen, die dieser zuvor angezweifelt hatte. Erst durch das Berühren der Wundmale Christi ließ sich Thomas dazu bewegen, an das eingetretene Wunder zu glauben. Zwei weitere Jünger stehen hinter Thomas und verfolgen – ebenso gebannt und mit gerunzelter Stirn – das Geschehen. Durch den Verzicht auf zusätzliche, erklärende Details oder die Gestaltung des Hintergrunds erscheinen die vier Figuren nahezu monumentalisiert, der Betrachter konzentriert sich auf die handelnden Personen und das Geschehen, dem er als Zeuge selbst beizuwohnen scheint. (Jana Glorius-Rüedi)