Am 6.7. wurde Adm. v. Capelle nach Pots-
dam zum Kaiser gerufen, der ihm während eines
Spazierganges ungefähr folgendes sagte:
Kaiser Franz
Joseph hat S.[eine] M.[ajestät] gestern durch den oesterr. Botschafter
ein Promemoria überreichen lassen, in dem aus-
geführt ist, die Untersuchung über das Sarajewoer
Attentat, hätten zweifellos ergeben, dass hohe ser-
bische Beamte, aktive Offiziere, ja vielleicht sogar
Mitglieder des Königshauses von dem Mordplan
und dessen Ausführung Kenntnis gehabt hätten.
Die österr. Regierung werde mit der Forderung um
weitgehende Genugtuung an Serbien herantreten und
sobald diese nicht erfüllt würden Truppen in Ser-
bien einmarschieren lassen. S.M. hält ein Ein-
greifen Russlands zur Deckung von Serbien für
nicht wahrscheinlich, weil der Zar die Königsmör-
der nicht unterstützen werde und weil Russland
zur Zeit militärisch und finanziell völlig kriegs-
unfertig sei. Das gleiche gelte besonders in finan-
zieller Beziehung von Frankreich. Von England
hat S.M. nicht gesprochen. Er hat dem Kaiser Franz
Joseph sagen lassen, dass er sich auf ihn verlassen
könne. S.M. glaubte, dass sich die Situation in
8 Tagen durch Nachgeben Serbiens klären würde, hält
es aber für erforderlich, auch für einen ande-
ren Ausgang gerüstet zu sein. Er hat deswegen schon
am 5ten 7. mit dem Reichskanzler und den oben
erwähnten Personen, dazu dem Kriegsminister, ge-
sprochen. Maßnahmen, die geeignet sind, poli-
tisches Aufsehen zu erregen oder Kosten zu verur-
sachen, sollen vorläufig vermieden werden.
Der Kaiser soll einen durchaus ruhigen Eindruck
ge-(macht haben.)