06.06.2006 Märkische Oderzeitung
Uckermark-Anzeiger
Pressespiegel EN ELS
Unbefangenes Spiel mit großen Texten
Von ANTJE SCHERER
Ein achttägiges Festival im Berliner Hebbel am Ufer präsentiert Theater
aus Brasilien / Haus der Kulturen der Welt lädt zu Tanz und Musik
Ufer (HAU) eröffnete. Die sieben
Schauspieler springen mühelos
zwischen Shakespeares Text und
ihren eigenen
Gedanken zu den
guren wechselt laufend, Hamlet
ist plötzlich dreifach da, Ophe-
lia ein flatterndes Kleid und Ro-
senkranz und Guildenstem sind
mal aufblasbare Plastikrennfah-
rer und dann wieder leibhaftige
Schauspieler.
Dabei wird in dieser Inszenie-
rung Shakespeares Text durch-
aus ersthaft erzählt, ergänzt
und bereichert durch Reflexi-
onen über das Stück und sprü-
hende Spielfreude. Hamlet auf
brasilianisch: Schauspieler aus
einer unvergrübelten, unbefan-
genen Kultur spielen mit einem
großen Text
und es entsteht ganz
besonderes Theater, das sich un-
ter dem hohen Anspruch einfach
wegduckt. Ein wegweisender
Einstieg in das achttägige Festi-
Berlin (MOZ) Alles ist
bereit.
Totenkopf ist da, Ophelia
tänzelt über die Bühne, die Ker-
zen brennen, der Wein ist ent-
korkt. Doch schon nach den er-
sten Sätzen lässt Enrique Diaz
seine Kompagnie ,,Companhia
dos Atores" aus Rio de Janei-
ro abbrechen und erklärt, man
habe es leider nicht geschafft.
„Hamlet das Stück der
Stücke, das große Ganze, die
europäische Tradition. Da habe
armer Vetter aus Brasi-
lien eben nicht mithalten kön-
nen, nur ein Splitterwerk sei es
ausschnitte und Versuche prä-
sentieren.
man
Das ist der Ausgangspunkt der
großartigen Produktion „Ensaio
Hamlet", die in der vergangenen
Woche das Festival „Brasil Em
Cena“ im Berliner Hebbel am
S. 18
val am HAU. Es bietet ein Fens.
ter in eine Nation, mit der hier:
zulande am chesten Fußball
,
Samba, Lebensfreude, vielleich:
noch Armut verbunden werden.
Das brasilianische Kulturmi-
nisterium will gegensteuern und
hat für das Jahr der Fußball-WM
deutsch-brasilianischen
einen
Berlin
,,Copa da Cultura"
ausgerufen. Ein Glücksfall für
das HAU, das bereits vor länge-
rer Zeit eine Reihe mit brasilia
nischem Theater geplant hatte
und sie jetzt mit Mitteln aus
„Copa da Cultura"-Topf realisie
ren konnte. Zeitgleich steht auch
im Haus der Kulturen der Welt
(Tanz- und Musikprogramm) al-
les im Zeichen von Brasilien
Kirsten Hehmeyer, Presse-
sprecherin am HAU und mit Ri:
cardo Fernandes und Matthias
Pees, Dramaturgen und Theaters
produzenten aus Sao Paulo, ku-
ratorin von „Brasil Em Cena“
Unkonventionelle Spielweise: Cesar Augusto in Ensaio Hamlet"
mit zwei Plastikpuppen
Foto: Luis Paulo Nenen/promo
Land fasziniert, seitdem sie in
den 80er Jahren dort gelebt hat.
Es sei ihnen wichtig gewesen,
ist von dem südamerikanischen etwas von der sozialen Realität
zu zeigen. Das geschieht in der
Festivalwoche über die Stücke,
die vom Leben in Brasilien er-
zählen. Die Performance Tan-
que" etwa hat das Leben in ei
ner Fernsehnation zum Thema,
in der die Telenovela geboren
wurde. „Cavalo Marinho" da-
gegen ist ein Stück über ein tra-
ditionelles Ritual aus dem Hin-
terland, das Musik, Tanz und
Trance verbindet.
„Brasilien ist deswegen so ak-
tuell und spannend",
sagt Kirsten
yer,.,weil Armut und ex-
trem ungleiche Lebensverhält-
nisse als Zukunftsperspektive
auch Deutschland drohen. An-
dererseits haben die Brasilianer
Strategien entwickelt, mit diesen
Verhältnissen umzugehen, sie
entwickeln Energie und Krea-
tivität angesichts mangelhafter
sozialer Absicherung."
..Por Elise" heute, 19 Uhr Are.
na conta
Danton" nach Buchner
heute 20 Uhr morgen 19 Uhr
Telefon (030) 25 90 0427
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