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Kaiser Hadrian als Weltenherrscher

UnbekanntMitte 1. Jh. und 117–138 n. Chr.; Fassung: wohl süddeutsch, frühes 17. Jh.

Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin
Berlin, Deutschland

Der repräsentative Sardonyx–Kameo, den König Friedrich I. (1657–1713) kurz vor seinem Tode Anfang 1713 erwerben konnte, war bereits bekannt durch eine 1679 erschienene Publikation des Künstlers und Kunsthistorikers Joachim von Sandrart (1606–88). Ein eng anliegender Rahmen aus vergoldetem Silberblech umschließt den größten Kameo der Berliner Sammlung und gibt dem vielfach gebrochenen und geklebten Stein einen festen Halt. Die Fassung ist auf der Vorderseite glatt und profiliert, während die kunstvoll durchbrochen gearbeitete Rückplatte ein arabeskes Geflecht von Ranken mit plastisch gestalteten Blättern und Blüten um ein ovales Schild ziert, gerahmt von einem dreireihigen Band aus kleinen, übereinander gelegten Blättern. Zwei nicht exakt mittige Querösen oben und unten an der Fassung ermöglichten die sichere Montage, vermutlich auf einem festen Hintergrund. Vergleiche mit anderen Fassungen für große Kameen sowie mit Stichwerken datieren die Fassung in das frühe 17. Jahrhundert. Der Kameo zeigt den römischen Kaiser Hadrian (reg. 117–138 n. Chr.) als Weltenherrscher. Er steht frontal im Kasten eines Wagens, den zwei Adler gen Himmel tragen, und wird bekränzt von Oikoumene, der Personifikation des bewohnten Erdkreises. Der Herrscher mit Panzer, Feldherrnmantel (paludamentum) und Lorbeerkranz hält als Garant des Reiches mit der Rechten das lange Zepter Jupiters (beschädigt), im linken Arm das Palladion, eine Sta-uette der Göttin Pallas Athena. Hadrian mit kurzem Bart und dicht gelocktem Stirnhaar blickt zu der neben ihm stehenden Oikoumene mit hoher Mauerkrone, von der ein Schleier auf Nacken und Schultern der Göttin fällt. Sie trägt einen gegürteten, ärmellosen Chiton; ihr Manteltuch ist um die Hüften geschlungen und dann über ihren linken Arm gelegt. Mit der linken Hand umfasst sie ein Zepter (oben beschädigt), während sie mit der Rechten einen großen Lorbeerkranz über das Haupt des Kaisers hält; ihr Blick folgt dieser Handlung.
Das Paar nimmt zwar nur das obere Drittel des Querovals ein, ist aber samt dem Wagenkasten in den helleren Steinlagen sichtbar hervorgehoben über den beiden Adlern, die zu ihm aufblicken. Die majestätischen Tiere schweben mit ausgebreiteten, sich vor dem Wagenkasten überlagernden inneren Flügeln und anliegenden äußeren Schwingen; ihre Krallen packen innen je einen Lorbeerkranz, außen je ein Ährenbündel. Sie erheben den irdischen Herrscher in das himmlische Reich Jupiters.
Das in Relation zur Steingröße flache Relief folgt der unebenen Struktur des Lagenachats. Die Gravur wurde recht flott unter Nutzung der vier schräg gelagerten Steinlagen weitgehend mit dem Flachperl-Zeiger ausgeführt. Davon unterscheidet sich deutlich der Porträtkopf des Kaisers, der nachträglich um ca. 2,2 bis 2,8 mm verkleinert, aber plastischer gestaltet wurde; der Bildgrund wurde anschließend nur leicht geglättet, aber nicht poliert. Den überarbeiteten Kopf kennzeichnet eine kleinteiligere Gravur mit dem feinen Rundperl-Zeiger. Die Größe des ersten Kaiserkopfes entsprach etwa dem der Göttin. Hadrians Physiognomie, seine typischen Stirn- und Barthaare wurden also sekundär in einen älteren Kameo vermutlich mit dem Bildnis des Kaisers Claudius eingetieft. In claudische Zeit datierte schon Adolf Furtwängler den großen Berliner Kameo; er erkannte jedoch nicht die Überarbeitung des Porträts.
Der Berliner Kameo reiht sich in eine kleine Gruppe römischer Kameen ein, auf denen ein Kaiser von einem oder zwei Adlern gen Himmel getragen wird. Sie beginnt wohl unter Claudius und endet offenbar in konstantinischer Zeit. So gehörte die Urfassung des Berliner Kameo, der heute noch fast so groß ist wie die ›Gemma Augustea‹ in Wien (19 x 23 cm), zur frühesten Umsetzung dieses komplexen ›panegyrischen Herrscherlobes‹ in Edelstein.

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  • Titel: Kaiser Hadrian als Weltenherrscher
  • Ersteller: Unbekannt
  • Datierung: Mitte 1. Jh. und 117–138 n. Chr.; Fassung: wohl süddeutsch, frühes 17. Jh.
  • Abmessungen: w21,5 x h18,6 x d1,3 cm
  • Typ: Kameo
  • Material: Sardonyx in vier unebenen Lagen, gefärbt
  • Stil: Römisch
  • Sammlung: Antikensammlung, Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
  • Objekterwerb: Teil der alten Kurbrandenburgischen Kunstkammer, 1713 von König Friedrich I. erworben.
  • Inv.-Nr.: FG 11056
  • ISIL-Nr.: DE-MUS-814319
  • Externer Link: Altes Museum, Staatliche Museen zu Berlin
  • Copyrights: Text: © Verlag Philipp von Zabern / Antikensammlung, Staatliche Museen zu Berlin / Pla. || Photo: © b p k - || Photo Agency / Antikensammlung, Staatliche Museen zu Berlin / Johannes Laurentius
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