Im 19. Jh. begann die neue Führungsschicht der vor allem in der Region des Tanganjikasees lebenden Tabwa die lokalen Schnitzwerkstätten mit der Herstellung von Ahnenfiguren zu beauftragen. Durch ihren Aufstieg im Elfenbeinhandel hatten sich die Machtverhältnisse in der Region geändert. Die aufgestiegenen Familien begründeten ihren Herrschaftsanspruch mit einer besonderen gesellschaftlichen Herkunft. Die von ihnen in Auftrag gegebenen Figurenpaare dienten nicht zuletzt der Verankerung dieser Ansprüche. Auch die hier zu sehende weibliche Figur gehörte vermutlich zu einem solchen Ahnenpaar. Der gestreckte Körper der fein gearbeiteten Figur ist mit dem für die Tabwa typischen, linienförmigen Ziernarbenmuster geschmückt. Es ist mit religiösen und philosophischen Vorstellungen verbunden und symbolisiert den Neumond, der für die Kontinuität des Lebens steht. Die Narben unterstreichen zusammen mit der Frisur, die in einem fast bis zur Hüfte reichenden breiten Zopf ausläuft, die herausragende Stellung der dargestellten Persönlichkeit und ihrer Familie.