Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehörte sie zu den schillerndsten Persönlichkeiten der Pariser Avantgarde. Suzanne Valadon war für ihren lockeren und selbstbestimmten Lebensstil bekannt. Als Künstlerin entwickelte sie eine markante Formensprache, in welcher verschiedene Einflüsse der Zeit miteinander verschmolzen. Dunkle Umrisslinien und leuchtende Farben sind charakteristisch für ihre Malereien und Zeichnungen.
In einer Zeit, in der Frauen meist Motive der Kunst, nicht aber deren Schöpferinnen waren, entwickelte sich Valadon von einem beliebten Maler-Modell zu einer berühmten Malerin der Klassischen Moderne. Als Autodidaktin porträtierte sie Personen aus ihrem direkten Umfeld und hatte eine Vorliebe für weibliche Aktfiguren – besonders junge Mädchen beim Baden oder Ankleiden.
So kann diese anrührende Darstellung eines kleinen Mädchens als typisch für ihr Werk gelten. Die Kleine hat ersichtlich Mühe, den Verschluss ihres Kleides zu schließen. Mit ihren Armen greift sie weit nach hinten in den Nacken, das störende Haar hat sie sich seitlich über die Schulter gelegt. Ihre kindliche Unbefangenheit wird durch das ungezwungene Standmotiv ihrer nackten Beine unterstrichen – eines ist als Spielbein schräg gegen das andere gelehnt. Neben der schwarzen Kohle für die dunklen Konturen nutze Valadon wie üblich kräftige Pastellfarben. Dabei sind die Hände des Mädchens in ein auffälliges Rot getaucht, wie um die Anstrengung seiner Tätigkeit, die es ungesehen zu verrichten sucht, zu unterstreichen.
Suzanne Valadon lebte einen Großteil ihres Lebens in Montmartre, das um Jahrhundertwende ein Schmelztiegel avantgardistischer Künstler in Paris war. Künstler wie Renoir, Toulouse-Lautrec, Vincent van Gogh und Picasso brachten von dort aus ihre Ideen auf Leinwand.