Deutschlands Pflichten | Die Könige haben unter sich einen Bund geschlossen. —
Der Bund gilt der Unterdrückung der Völker. Die Mittel
sind, daß der Wille des Königs, mit Hülfe der Gewalt als oberstes
Gesez geltend gemacht, alle Wünsche und Anträge des Volkes zur
Beförderung der gesellschaftlichen Zwecke schnöde zurückgewiesen und
die Vertheidigung der Volksrechte durch Vernichtung der freien
Presse und durch Terrorismus gegen deren unabhängige Organe
unmöglich gemacht werde. Die Früchte des Bundes sind: Ver-
armung der Völker und Entweihung der menschlichen Würde durch
Kriecherei und Sklavensinn. Dieser Bund, welcher wie eine
drückende eherne Kette ganz Europa umschlingt und den Segen der
Natur in Calamität verwandelt, hat seine Hauptstüze in Deutsch-
land. Die zwei mächtigsten deutschen Könige beobachten sorgfältig
die Stimmung der Völker. Sobald sie eine Regung der bessern
Natur bemerken und das geringste Streben nach Freiheit wahr-
nehmen, verbünden sie sich mit dem Selbstherrscher aller Reussen,
d. h. aller Barbaren, um dem Geiste der Civilisation entgegenzu-
wirken. Ihre Politik besteht dabei darin, die Kraft des deutschen
Volkes durch Auseinanderreissen des Landes, Zerstörung des deutschen
National - Charakters, Unterdrückung des Triebes nach Wiederver-
einigung und endlich durch die grausamste Beschränkung der Ge-
danken - Mittheilung auf immer zu brechen, hienächst aber die Frei-
heit des französischen Volkes zu untergraben, indem man die Um-
triebe dessen Könige unterstüzt und zugleich die deutsche Nation
gegen Frankreich aufzuhezen sucht. In der Erkenntniß der Politik
des Bundes liegen zugleich die Mittel zur Vernichtung desselben.
Sollen die Völker endlich die Freiheit erlangen, soll der Verarmung
und dem Elende Europa's ein Ziel gesezt werden, so muß Rußland
von Preussen und Oestreich durch ein democratisch organisirtes Polen
getrennt, das Uebergewicht des preussischen und östreichischen Königs
durch die Organisation eines deutschen Reiches, mit democratischer
Verfassung, aufgehoben, und eine europäische Staatengesellschaft
durch ein treues Bündniß des französischen, deutschen und polnischen
Volkes vorbereitet werden. Die Wiederherstellung Polens kann
nur durch Deutschland geschehen. Unsere Nation ist hiezu moralisch
und rechtlich verbunden, um die schwere Sünde der Vernichtung
Polens zu sühnen: unser Volk muß die Wiederherstellung Polens
aber auch wegen der eigenen Interessen zu seiner wichtigsten und
dringendsten Ausgabe machen. Da es aber zur Zeit noch keine
deutsche Nation giebt, so würde vor allem ihre Wiedererweckung
nothwendig seyn. Wie aber dies möglich wäre, wird Niemand ein-
sehen wollen: denn man weiß ja, daß die deutschen Könige ihre
Interessen von jenen des gemeinsamen Vaterlandes geschieden haben,
man weiß, daß sie mit Hilfe der nämlichen Gewalt, welche das
Vaterland ihnen giebt, also mit unserem Gelde und unsern Kindern
der Wiedergeburt einer deutschen Nation aus allen Kräften sich
widersetzen und überhaupt alles zerstören, was zum Heile des Ge-
sammtvolkes dienen kann. Deßungeachtet giebt es gleichwohl ein
völlig erlaubtes und völlig gesezmäßiges Mittel, um den feindseligen
und hartnäckigen Widerstand der Könige gegen die Interessen des
Vaterlands zu überwinden. Auch der größte Despot hat nur Ge-
walt über den Körper: über den Geist gebietet keine andere Macht,
als die moralische. Wenn nun auch unsere Körper der Gewalt der
Tyrannen unterworfen sind, so bleibt doch der Geist frei; und da-
durch ist uns die Macht gegeben, die Wiedervereinigung Deutsch-
lands im Geiste herzustellen. Die vereinigte Gewalt aller Könige
ist nicht hinreichend, um das Bündniß der Geister zu verhindern.
Aus dem geistigen Bündnisse entspringt aber die Macht der öffent-
lichen Meinung und da diese schwerer in die Waagschale der Ge-
walten fällt, als alle Macht der Fürsten, so führt die Wiederge-
burt Deutschlands, im Geiste, von selbst auch auf die materielle Ver-
einigung. Die Aufgabe unseres Volkes besteht daher darin, die
Nothwendigkeit der Organisation eines deutschen Reiches, im demo-
cratischen Sinne, zur lebendigen Ueberzeugung aller deutschen Bür-
ger zu erheben und Alle dahin zu bringen, daß sie die Herbeiführung
einer solchen politischen Reform unseres Vaterlandes als den Lebens-
zweck der gegenwärtigen Generation anerkennen. Gebt der großen
Mehrheit des Volkes diese Ueberzeugung in lebendiger und glühen-
der Weise — und ihr seyd nicht mehr weit vom Ziele entfernt.
Ihr erreicht den großen Zweck sogar auf dem Wege friedlicher Re-
form : denn es ist ein Gesez der Natur, daß keine materielle Macht
der übereinstimmenden und mit Feuer erfaßten Meinung eines
Volkes zu widerstehen vermag. — Das Mittel zur Wiedervereini-
gung
Deutschlands im Geiste ist aber einzig und allein die freie
Presse. Dies wissen auch die Fürsten, und darum bieten sie alle
Kräfte auf, um dieser allmächtigen Waffe der Völker in Deutsch-
land den Eingang zu verwehren. Die Seelenangst , mit der die
deutschen Könige bei dem Gedanken an Freiheit der Presse ergriffen
werden, die namenlose Furcht, die sie vor dem natürlichen Rechte
des Menschen, der Gedanken-Mittheilung, hegen, muß die Völker
auf den Werth und die Macht der Presse aufmerksam machen. So
schlau nun auch die Könige sind bei allem, was zur Unterdrückung
der Völker führt, so haben sie es in einem Punkte doch versehen.
Es giebt in Deutschland einige Gaue, wo die Presse frei ist: die
vereinigte Macht der deutschen Könige besizt namentlich kein recht-
liches Mittel, die Presse in Rheinbayern zu fesseln. Es kommt
jezt nur darauf an, die Presse, wo sie frei ist, gegen die faktische
Gewalt der Könige zu schüzen, und dann zum Gemeingute der
deutschen Nation zu erheben. Alles dies liegt in der Macht unseres
Volkes, und so ist uns denn auch zur Wiedervereinigung unserer
Nation, im Geiste, die Gewalt gegeben. Ich zeige dies sofort
näher. Der Bundestag, dieser Inbegriff aller Feindseligkeiten gegen
das deutsche Vaterland, brütet zwar über Plane zur Unterdrückung
der Presse, allein seine Beschlüsse haben für das constitutionelle
Deutschland ohne Mitwirkung der Stände keine verbindliche Kraft,
und können von keinem Gerichte anerkannt werden. Die Presse
bleibt daher dadurch unberührt. — Wechselseitige Verbote der
Oppositionsblätter der einzelnen Bundesstaaten müssen im constitu-
tionellen Deutschland gleichfalls ohne Wirkung seyn, weil man
ihnen durch keine Strafgeseze Nachdruck geben kann. Die Macht
der Könige ist daher auf das Verbot der Journal-Versendungen
durch die Post beschränkt. Man hat zwar auch gegen diesen Ge-
waltschritt noch den gerichtlichen Weg; allein faktisch kann dadurch
die Wirkung der Presse immer vernichtet werden, weil es Mittel
genug giebt, die richterliche Hilfe durch Verzögerung des Prozesses,
Competenz-Conflicte und andere Chicanen unwirksam zu machen.
Das deutsche Volk muß deßhalb zur Versendung
der Oppositionsschriften, sie mögen in Journa-
len, Flugschriften oder Büchern bestehen, eine eigene
Anstalt erpresser Boten errichten. — Da
die öffentliche Meinung die größte aller Gewalten ist, so bilden
auch die einzelnen Journale, als Organe derselben, verhältniß-
mäßig eine Macht. Diese wird aber in den Händen Einzelner dem
Zwecke des Volkes oft gefährlich, weil sie zum Mittel persönlicher
Tendenzen gemacht werden kann, und die Selbstsucht dem allge-
meinen Interesse verziehen könnte.