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Flugblatt "Deutschlands Pflichten"

Johann Georg August Wirth

Hambacher Schloss

Hambacher Schloss
Neustadt an der Weinstraße, Deutschland

Flugblatt "Deutschlands Pflichten" mit dem Aufruf zur Gründung des Preßvereins. Die Schrift wurde von Johann Georg August Wirth verfasst und erschien erstmals am 3. Februar 1832 in der "Deutschen Tribüne". Anschließend wurde sie als Flufblatt in einer Auflage von 50.000 Exemplaren veröffentlicht. Wirth foderte darin die Leser zum Beitritt in den neu gegründeten "Deutschen Vaterlandsverein zur Unterstützung der freien Presse" auf.

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  • Titel: Flugblatt "Deutschlands Pflichten"
  • Ersteller: Johann Georg August Wirth
  • Transkript:
    Deutschlands Pflichten | Die Könige haben unter sich einen Bund geschlossen. — Der Bund gilt der Unterdrückung der Völker. Die Mittel sind, daß der Wille des Königs, mit Hülfe der Gewalt als oberstes Gesez geltend gemacht, alle Wünsche und Anträge des Volkes zur Beförderung der gesellschaftlichen Zwecke schnöde zurückgewiesen und die Vertheidigung der Volksrechte durch Vernichtung der freien Presse und durch Terrorismus gegen deren unabhängige Organe unmöglich gemacht werde. Die Früchte des Bundes sind: Ver- armung der Völker und Entweihung der menschlichen Würde durch Kriecherei und Sklavensinn. Dieser Bund, welcher wie eine drückende eherne Kette ganz Europa umschlingt und den Segen der Natur in Calamität verwandelt, hat seine Hauptstüze in Deutsch- land. Die zwei mächtigsten deutschen Könige beobachten sorgfältig die Stimmung der Völker. Sobald sie eine Regung der bessern Natur bemerken und das geringste Streben nach Freiheit wahr- nehmen, verbünden sie sich mit dem Selbstherrscher aller Reussen, d. h. aller Barbaren, um dem Geiste der Civilisation entgegenzu- wirken. Ihre Politik besteht dabei darin, die Kraft des deutschen Volkes durch Auseinanderreissen des Landes, Zerstörung des deutschen National - Charakters, Unterdrückung des Triebes nach Wiederver- einigung und endlich durch die grausamste Beschränkung der Ge- danken - Mittheilung auf immer zu brechen, hienächst aber die Frei- heit des französischen Volkes zu untergraben, indem man die Um- triebe dessen Könige unterstüzt und zugleich die deutsche Nation gegen Frankreich aufzuhezen sucht. In der Erkenntniß der Politik des Bundes liegen zugleich die Mittel zur Vernichtung desselben. Sollen die Völker endlich die Freiheit erlangen, soll der Verarmung und dem Elende Europa's ein Ziel gesezt werden, so muß Rußland von Preussen und Oestreich durch ein democratisch organisirtes Polen getrennt, das Uebergewicht des preussischen und östreichischen Königs durch die Organisation eines deutschen Reiches, mit democratischer Verfassung, aufgehoben, und eine europäische Staatengesellschaft durch ein treues Bündniß des französischen, deutschen und polnischen Volkes vorbereitet werden. Die Wiederherstellung Polens kann nur durch Deutschland geschehen. Unsere Nation ist hiezu moralisch und rechtlich verbunden, um die schwere Sünde der Vernichtung Polens zu sühnen: unser Volk muß die Wiederherstellung Polens aber auch wegen der eigenen Interessen zu seiner wichtigsten und dringendsten Ausgabe machen. Da es aber zur Zeit noch keine deutsche Nation giebt, so würde vor allem ihre Wiedererweckung nothwendig seyn. Wie aber dies möglich wäre, wird Niemand ein- sehen wollen: denn man weiß ja, daß die deutschen Könige ihre Interessen von jenen des gemeinsamen Vaterlandes geschieden haben, man weiß, daß sie mit Hilfe der nämlichen Gewalt, welche das Vaterland ihnen giebt, also mit unserem Gelde und unsern Kindern der Wiedergeburt einer deutschen Nation aus allen Kräften sich widersetzen und überhaupt alles zerstören, was zum Heile des Ge- sammtvolkes dienen kann. Deßungeachtet giebt es gleichwohl ein völlig erlaubtes und völlig gesezmäßiges Mittel, um den feindseligen und hartnäckigen Widerstand der Könige gegen die Interessen des Vaterlands zu überwinden. Auch der größte Despot hat nur Ge- walt über den Körper: über den Geist gebietet keine andere Macht, als die moralische. Wenn nun auch unsere Körper der Gewalt der Tyrannen unterworfen sind, so bleibt doch der Geist frei; und da- durch ist uns die Macht gegeben, die Wiedervereinigung Deutsch- lands im Geiste herzustellen. Die vereinigte Gewalt aller Könige ist nicht hinreichend, um das Bündniß der Geister zu verhindern. Aus dem geistigen Bündnisse entspringt aber die Macht der öffent- lichen Meinung und da diese schwerer in die Waagschale der Ge- walten fällt, als alle Macht der Fürsten, so führt die Wiederge- burt Deutschlands, im Geiste, von selbst auch auf die materielle Ver- einigung. Die Aufgabe unseres Volkes besteht daher darin, die Nothwendigkeit der Organisation eines deutschen Reiches, im demo- cratischen Sinne, zur lebendigen Ueberzeugung aller deutschen Bür- ger zu erheben und Alle dahin zu bringen, daß sie die Herbeiführung einer solchen politischen Reform unseres Vaterlandes als den Lebens- zweck der gegenwärtigen Generation anerkennen. Gebt der großen Mehrheit des Volkes diese Ueberzeugung in lebendiger und glühen- der Weise — und ihr seyd nicht mehr weit vom Ziele entfernt. Ihr erreicht den großen Zweck sogar auf dem Wege friedlicher Re- form : denn es ist ein Gesez der Natur, daß keine materielle Macht der übereinstimmenden und mit Feuer erfaßten Meinung eines Volkes zu widerstehen vermag. — Das Mittel zur Wiedervereini- gung Deutschlands im Geiste ist aber einzig und allein die freie Presse. Dies wissen auch die Fürsten, und darum bieten sie alle Kräfte auf, um dieser allmächtigen Waffe der Völker in Deutsch- land den Eingang zu verwehren. Die Seelenangst , mit der die deutschen Könige bei dem Gedanken an Freiheit der Presse ergriffen werden, die namenlose Furcht, die sie vor dem natürlichen Rechte des Menschen, der Gedanken-Mittheilung, hegen, muß die Völker auf den Werth und die Macht der Presse aufmerksam machen. So schlau nun auch die Könige sind bei allem, was zur Unterdrückung der Völker führt, so haben sie es in einem Punkte doch versehen. Es giebt in Deutschland einige Gaue, wo die Presse frei ist: die vereinigte Macht der deutschen Könige besizt namentlich kein recht- liches Mittel, die Presse in Rheinbayern zu fesseln. Es kommt jezt nur darauf an, die Presse, wo sie frei ist, gegen die faktische Gewalt der Könige zu schüzen, und dann zum Gemeingute der deutschen Nation zu erheben. Alles dies liegt in der Macht unseres Volkes, und so ist uns denn auch zur Wiedervereinigung unserer Nation, im Geiste, die Gewalt gegeben. Ich zeige dies sofort näher. Der Bundestag, dieser Inbegriff aller Feindseligkeiten gegen das deutsche Vaterland, brütet zwar über Plane zur Unterdrückung der Presse, allein seine Beschlüsse haben für das constitutionelle Deutschland ohne Mitwirkung der Stände keine verbindliche Kraft, und können von keinem Gerichte anerkannt werden. Die Presse bleibt daher dadurch unberührt. — Wechselseitige Verbote der Oppositionsblätter der einzelnen Bundesstaaten müssen im constitu- tionellen Deutschland gleichfalls ohne Wirkung seyn, weil man ihnen durch keine Strafgeseze Nachdruck geben kann. Die Macht der Könige ist daher auf das Verbot der Journal-Versendungen durch die Post beschränkt. Man hat zwar auch gegen diesen Ge- waltschritt noch den gerichtlichen Weg; allein faktisch kann dadurch die Wirkung der Presse immer vernichtet werden, weil es Mittel genug giebt, die richterliche Hilfe durch Verzögerung des Prozesses, Competenz-Conflicte und andere Chicanen unwirksam zu machen. Das deutsche Volk muß deßhalb zur Versendung der Oppositionsschriften, sie mögen in Journa- len, Flugschriften oder Büchern bestehen, eine eigene Anstalt erpresser Boten errichten. — Da die öffentliche Meinung die größte aller Gewalten ist, so bilden auch die einzelnen Journale, als Organe derselben, verhältniß- mäßig eine Macht. Diese wird aber in den Händen Einzelner dem Zwecke des Volkes oft gefährlich, weil sie zum Mittel persönlicher Tendenzen gemacht werden kann, und die Selbstsucht dem allge- meinen Interesse verziehen könnte.
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  • Typ: Dokument
  • Originalquelle: Landesarchiv Speyer
  • Rechte: © Landesarchiv Speyer
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