Die Studie eines schreienden Kindes […] steigert die Schilderung unerträglichen Schmerzes oder dramatischer Seelenpein ins Extreme. Konzentriert auf Gesicht und Hals studiert Grünewald in dieser Zeichnung einen kindlichen Lockenkopf in spektakulärer Ansicht. In heftigster Regung wirft das Kind mit aufgerissenem Mund den Kopf in den Nacken. So schauen wir geradewegs in das tiefe Dunkel des weit aufgerissenen, schmalen, aber zum Halbrund geformten Mundes. Minutiös studiert wird die Oberkieferzahnreihe mit einigen Lücken. Lippenumriß, Zunge und Gaumen sind ebenfalls zu erkennen. Wie von einem breiten Rahmen wird der Mund von der bucklig-verkrampften linken Wange des Kindes hinterfangen. […] Das Licht fällt steil von links oben auf das Kind herab, denn seine Lockenfrisur wirft einen Schatten auf die Schulter. Mit Weiß gehöhte Spitzlichter sind noch auf den Brauenbögen sowie rechts der Nasenspitze des Schreienden zu erkennen. Unten wird das dramatische Antlitz von einem geknöpften Hemdkragen begrenzt, den Grünewald in knapp gesetzten, sicheren Strichen rahmend um die Kopfstudie legt: »Der Vergleich, der Kopf liegt wie auf einem Tablett, mag gestattet sein«.