Der Statuenkopf aus rotem Sandstein wurde in demselben Raum gefunden, aus dem das Statuenfragment ÄM 21223, der Kopf einer Prinzessin, stammt. Im Grabungstagebuch ist Folgendes festgehalten: „Teile einer lebensgroßen Statue des Königs aus rötlichem Sandstein; erhalten ist die obere Gesichtspartie, halbe Nase, Augen und Stirn in 3 Teilen, Nacken und Teil des Halses in / Teil, Lippe und Kinn fehlen leider; auch diese Arbeit ist nicht vollendet und weist Vorzeichnungen auf. Bruchstücke eines Beines.“ Als die hier angesprochenen „Beinstücke“ konnten die Fragmente ÄM 21312 identifiziert werden. Es ist jedoch nicht eindeutig feststellbar, ob es sich nicht doch um Armbruchstücke handelt. Von den ehemaligen Vorzeichnungen ist heute nur noch sehr wenig erkennbar, lediglich rote Spuren an den Augen weisen darauf hin. Die groben, ohne Binnendetails gestalteten Ohren und die Augen ohne ausgearbeitete Lider bezeugen, dass die Figur nicht zu Ende gearbeitet wurde. Trotz der fragmentarischen und unvollendeten Erscheinung des Kopfes vermittelt er dem Betrachter den Eindruck von Unnahbarkeit und Erhabenheit. Umstritten ist das Geschlecht der dargestellten Person. Die Reste eines Zapfens auf dem Kopf deuten auf eine Kompositfigur mit einer separat angefertigten Krone hin, so dass sich der Personenkreis auf das Königspaar eingrenzen lässt. Ein Vergleich mit den Köpfen ÄM 21220 und 21358 spricht dafür, dass es sich wahrscheinlich um die Darstellung einer Königin, wohl Nofretete, handelt – vermutlich aus der Endphase der Amarnazeit, da der Kopf große Ähnlichkeiten mit ÄM 21358 aufweist, der als „ältere Nofretete“ bezeichnet wird. Dorothea Arnold vermutet bei diesem zuletzt genannten Stück, dass es vom jüngsten Bildhauer der Werkstatt des Thutmosis geschaffen wurde, der in der Nach-Amarnazeit an den Tempeln in Theben tätig war. Trotz dieser Vergleichstücke fallen aber auch die Unterschiede auf, die sich in der relativ breiten Nase, dem gedrungenen Kopf und der dadurch etwas zu breiten Wangenpartie bemerkbar machen. Das Fehlen des Mundes und von einem Teil der Nase ist auffällig. Es ist möglich, dass bei der Grabung nicht alle Fragmente entdeckt wurden; denkbar ist aber auch, dass der Figur absichtlich der Mund ausgeschlagen wurde, was einer „damnatio memoriae“, dem Auslöschen des Andenkens einer Person, gleichkäme. An den Bruchkanten der Fragmente ist nicht erkennbar, ob hier ein Meißel angesetzt wurde. Wenn hier eine beabsichtigte Ausschlagung erfolgt sein sollte, dann wäre die Annahme eines Abbildes des Echnaton ÄM 21222 am sichersten, was der Vermutung der Ausgräber von 1912 entspräche.
Aus: Schmidt, S., in: F. Seyfried (Hrsg.), Im Licht von Amarna. 100 Jahre Fund der Nofretete, Berlin 2012, S. 346 (Kat.-Nr. 128).
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