Zu den außergewöhnlichsten Landschaftsdarstellungen um 1800 gehören die sogenannten "Kräuterblätter" von Carl Wilhelm Kolbe. Geboren in Berlin, verbrachte der Schüler von Daniel Chodowiecki die meiste Zeit seines Lebens in Dessau, wo ihn die Auenlandschaft des Gartenreiches Dessau-Wörlitz zu Bildern von urwüchsiger Vegetation inspirierte. 28 radierte "Kräuterbilder" widmete er arkadischen Szenen in einer undurchdringlichen, überdimensionalen Pflanzenwelt, deren Formen er vornehmlich selbst erfand.
Das Karlsruher Blatt ist als Vorzeichnung für eine dieser Radierungen entstanden und zeigt eine üppig bewachsene Landschaft, die eine dicht umrankte Herme in zwei Hälften teilt: Links herrscht die Wachstumskraft einer wuchernden Natur, rechts sitzt eine antikisch gekleidete junge Frau an einem steinernen Brunnen und lauscht dem Leierspiel eines jungen Mannes. Kultur und Natur verschmelzen zu einer ungewöhnlichen Idylle.