Rubens Darstellung der Heiligen Familie dürfte in Frankreich entstanden sein; vermutlich hat der Maler das Bild dort im Auftrag eines hohen Hofbeamten geschaffen. Das Werk ist in seiner souveränen Flüssigkeit ein hervorragendes Beispiel des flämischen Barocks. An Flandern erinnert uns sogleich die Landschaft, die sich in der linken Bildhälfte öffnet. Zwischen Bäumen erblicken wir ein charakteristisches, strohgedecktes Bauernhaus. Das Wetterleuchten im wolkenverhangenen Himmel kündigt ein Gewitter an. Dieses realistische Bild der Gegenwart und des Schauplatzes kontrastiert mit dem biblischen Ereignis im Vordergrund.
Das Motiv des zurückgeschlagenen Vorhangs betont, dass der Betrachter einer familiären Situation beiwohnt: Maria mit dem Jesuskind dominiert die Gruppe. Es scheint, als habe sich das Kind gerade von der stillenden Mutter weg dem Betrachter zugewandt. Marias Blick ruht indes auf dem sich nähernden Putto. Dieser von vorn ins Bild schreitende und Geschenke bringende Putto wurde zu jener Zeit als Verkörperung der christlichen Seele verstanden. Gleichzeitig verschmelzen in diesem Motiv auch Paradiesvorstellungen mit der biblischen Erzählung. So stehen die Äpfel für das verlorene Arkadien, während die Trauben den Wein des Abendmahls symbolisieren.
Auf der rechten Seite hat Rubens das Bild durch eine einfache Architektur verschlossen. Hier sehen wir den heiligen Joseph, fast im Profil. In sich versunken wohnt er der Szene bei und verkörpert damit die andächtige Haltung, die damals auch vom Betrachter erwartet wurde.