Um 1880 setzte sich – maßgeblich beeinflusst von Charles Frederick Worth (1825–1895), dem Begründer der Haute Couture - eine schlankere Silhouette durch, die dieses déshabillé illustriert. Es ist einteilig in Prinzesslinie geschnitten und hat ein hochgeschlossenes, eng tailliertes Oberteil mit Stehkragen. Vorn ist es nah an den Körper herangeführt. Sein anliegender Rücken bildet über dem Gesäß einen markanten, fast waagerecht abstehenden „Puff“, die sogenannte zweite Tournüre oder Cul de Paris, in Paris strapontin genannt. Die starke horizontale Betonung des Gesäßes wird durch die Vertikale des vorn offenen und reich geschmückten Kleides ausgeglichen. Über einem angesetzten Unterkleid aus honigfarbenem Seidensatin liegt, dem Geschmack der Zeit entsprechend, ein üppiger zimtbrauner Spitzenbesatz, der von langen zu Schlaufen gelegten Satinbändern in zwei Gelbtönen gerahmt wird. Auch die hoch eingesetzten langen Ärmel sind mit Spitzenvolants und Satinbändern reich besetzt, den Stehkragen ziert eine identische Spitzenkante. C. F. Worth hat für das Kleid einen luxuriösen dunkelblauen Seidensamt mit eingewebten Blütenbouquets in herbstlichen Tönen gewählt. Zu den exklusiven Kundinnen des Modehauses zählten neben den Damen der europäischen Höfe reiche Amerikanerinnen, aber auch die bedeutenden Bühnenkünstlerinnen ihrer Zeit, wie beispielsweise die Schauspielerin Sarah Bernhardt. Für sie entwarf Worth 1883 ein déshabillé, das große Ähnlichkeit mit unserem Hauskleid hat. Sie trug es im dritten Akt von Sardous „Fédora“. (Vgl. Coleman 1990, S. 104)