Das Bildnis von Johanna Staude (verwitwete Widlicka, 1883-1967) ist eines der letzten Werke von Gustav Klimt. Vor allem an der Gestaltung des Kleides zeigen sich Hinweise, dass Klimt das Bild nicht vollendet hat. Bei dem Bildnis dürfte es sich nicht um einen Porträtauftrag im herkömmlichen Sinn gehandelt haben. Klimt war Johanna Staude freundschaftlich verbunden, sie dürfte ihm auch des Öfteren Modell gestanden haben, so wie sie auch bereits für Egon Schiele posiert hatte. Später arbeitete sie im Haushalt des Schriftstellers Peter Altenberg. Sie bezeichnete sich als Kunstmalerin, wenngleich Werke aus ihrer Hand nicht bekannt sind. Für ein gewisses künstlerisches Flair spricht ihr extravagantes Äußeres, vor allem ihre modische Kurzhaarfrisur sowie das Kleid, das aus einem Stoff gearbeitet ist, den Martha Albers, Absolventin der Wiener Kunstgewerbeschule, unter dem Namen „Blätter“ für die Modeabteilung der Wiener Werkstätte entworfen hatte. Für Klimt, der selber an den Produkten der Wiener Werkstätte großes Interesse hatte und möglicherweise sogar Kleider für Emilie Flöge entworfen hatte, war das Stoffmuster bedeutend genug, um es möglichst detailgetreu wiederzugeben. Seinem künstlerischen Temperament entsprach es, den Blautönen des Stoffes im Bild einen kräftigen orangefarbigen Hintergrund gegenüber zu stellen.
Johanna Staudes Augen strahlen in hellem Blau, nur der Mund ist offensichtlich noch nicht fertig ausgeführt. Auf die Frage des Modells, warum Klimt diesen nicht fertiggemalt habe, soll der Meister geantwortet haben: „Weil du dann nimmer mehr ins Atelier kommen würdest.“