In den 1880er und 1890er Jahren rückte im Œuvre Thomas, von Marées und Böcklin beeinflußt, die figürliche Darstellung in den Vordergrund. Oft erhält sie etwas betont Symbolhaftes. Die mythische Gestalt des Ritters in schimmernder Rüstung, sei es in den unterschiedlichen Fassungen zum »Wächter vor dem Liebesgarten« (vgl. Nationalgalerie, Inv.-Nr. A III 403), zum »Hüter des Tales« (vgl. Galerie Neue Meister, Dresden) oder zum Ritterheiligen Georg wird in diesen Jahren zu einem immer wiederkehrenden Motiv. 1889 schrieb Thoma an Conrad Fiedler: »So möchte ich Ihnen gerne meinen Jüngsten, einen St. Georg, geharnischt, zeigen. Es ist etwas von dem Frischen, Direkten, was ein Theil der Aquarelle [zu den Nibelungen] hat, jetzt auch in meinen größeren Bildern, und es ist Unnöthiges, Schwermachendes weggeblieben, obgleich die Sachen sehr genau ausgeführt sind« (Briefwechsel Hans Thoma, Conrad Fiedler, Karlsruhe 1939, S. 41). Den erlegten Drachen zu seinen Füßen blickt der heilige Georg andächtig zum Himmel auf, das runde Gesicht nahezu bäuerlich plump, was Thomas spröde Rittervision deutlich von denen der Präraffaeliten unterscheidet, die etwa zur selben Zeit entstanden. Das Bild, obgleich es Fiedler gefiel, wurde nicht von ihm, sondern von dem Münchner Hofkapellmeister und Wagner-Dirigenten Hermann Levi erworben, einem guten Freund Fiedlers, der später dessen Witwe Mary, geborene Meyer, ehelichte (vgl. das Schreiben von Thoma an Levi, 4.11.1889, Bayerische Staatsbibliothek, Leviana I, 53). Eine kleinere Variante desselben Motivs von 1909 hat sich in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe erhalten. | Regina Freyberger