Diese Vase ist ein in jeder Hinsicht auffallendes Beispiel der griechischen Keramik des frühen 5. Jahrhunderts v. Chr. Auffallend ist zunächst das sorgfältig konstruierte Gefäß mit seinen außerordentlich wohldurchdachten Proportionen: die weiteste Ausladung (41 cm) liegt etwa dort, wo mit dem gleichen Maß die Hälfte der Gesamthöhe erreicht ist; die Fußausladung entspricht der engsten Halseinziehung (beide im Durchmesser 23 cm), ein Maß, das auch in der Höhe der Bildstandlinie über dem Boden (23 cm) oder im Ansatz der Henkel über dem Boden (46 cm) wiederkehrt. Von den Schwierigkeiten des Brandes eines so großen Gefäßes sprechen Fehlstellen auf der Rückseite. Auffallend sind aber auch Figurenmalerei und Dekor des Gefäßes, worin man seit 1910 die Handschrift eines der bedeutendsten griechischen Vasenmaler des Übergangs von der archaischen zur klassischen Kunst wiedererkannt hat: man hat ihn nach dieser Vase schließlich den Berliner Maler genannt. Der ornamentale Schmuck der Vase ist auf wenige Streifen am Fuß, am Hals und an den Henkeln beschränkt. Die zusammenhängenden Bilder auf den beiden Seiten sind nicht gerahmt (anders als bei Kat. Nr. 49), sondern die Figuren stehen mit schmalen Standstreifen, auf denen sich Spiralmotive breiten, frei im schwarzen Grund. Satyrn sind es, Waldmenschen mit Pferdeschwanz und Pferdeohren, dem Wein mehr zugeneigt als der ihnen hier vielleicht nicht zufällig zugewiesenen Musik. Der eine auf der Rückseite der Vase versucht sich mit Trinkgefäß und Musikinstrument zugleich. Der andere auf der Vorderseite, der in feiner rückläufiger Beischrift als Oreimachos bezeichnet ist, trägt nur die Leier (ein Barbiton) und zögernd weit entfernt das darangebundene Plektron zum Schlagen der Saiten. Statt seiner hat der eilige Gott Hermes mit Flügeln an Schuhen und Kappe den Weinkrug und – zusammen mit seinem Botenstab in der vorgestreckten Linken – das Trinkgefäß übernommen. Ein aufblickendes Reh zwischenden beiden deutet die Waldgegend an, durch welche der Zug sich bewegt. Dem Berliner Maler sind heute ungefähr 300 Gefäße oder Gefäßfragmente zugeschrieben, die er niemals mit seinem Namen gekennzeichnet hat. Doch fügt sich seine Handschrift in einen bekannten Werkstättenkreis ein, man
kennt auch mehrere Schüler des Meisters. Es waren Athener Werkstätten von Familiengröße, in denen die hervorragende Qualität von Vase, Vasenform, Dekor und Bild am Übergang zur Klassik für einen weiten Absatz bürgte – unbekannt ist, welche Interessen man im fernen Etrurien, wo die Vase gefunden wurde, damit verband.